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Nach Patt-Ergebnis: Parteien suchen nach Auswegen
13:01: Jetzt mal gerade was zur Geschäftsordnung. Die offiziellen Koalitionsverhandlungen werden frühestens am Mittwoch kommender Woche, spätestens aber am Freitag darauf beginnen können. Das liegt daran, dass der Präsident, in diesem Fall ist das Schimon Peres, nach der Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses in Reschumoth, dem amtlichen Mitteilungsorgan der Regierung, Gespräche mit den Spitzen der Parteien, die es geschafft haben, führt, und dann spätestens zwei Tage später einen der Abgeordneten mit der Regierungsbildung beauftragt. Die nächste Ausgabe von Reschumoth erscheint erst am Mittwoch kommender Woche - eine Technikalität also; das Ergebnis dürfte bleiben wie es ist.
Womit auch die Diskussionen über die Regierungsbildung in vollem Gange sind. Mittlerweile zeichnen sich auch die Themen ab, die in den Verhandlungen wichtig sind und dabei kann man sagen: Der Iran schafft es nicht einmal im Entferntesten an die Spitze. Vor allem Jesch Atid rückt die Lebenshaltungskosten, aber auch die allgemeine Dienstpflicht, die auch Ultraorthodoxe mit einbezieht, an die allererste Stelle.
Was uns dann an den Punkt bringen, wo wir schon vor ein paar Monaten waren: Die Dienstpflicht war in der vergangenen Koalition ein Dauerstreitthema, und man kann kaum davon ausgehen, dass sich dies nun ändern wird, weil die Ultraorthodoxen in den allermeisten Konstellationen für die Regierungsbildung gebraucht werden. Irgendwer muss da Zugeständnisse machen.
Überhaupt habe ich, und ich mache das nun seit mehr als zehn Jahren, noch nie eine Situation erlebt, in der sich die einzelnen Gruppierungen dermaßen gegenseitig blockieren. Religöse, Zentrum - alle Morgenduft gewittert. Netanjahu gibt sich zwar nach wie vor als Gewinner, lässt seine Gefolgschaft unermüdlich tönen, man werde sich nicht von Junior-Partnern an der Nase rumführen lassen. Aber was will er machen? Entweder er bringt die anderen dazu, zu verzichten, oder es gibt eben keine Regierung.
07:05: Hier gibt es übrigens jetzt eine längere Pause. Ich bin gerade dabei, mit Leuten zu sprechen, um ein ersten Blick in die Zukunft werfen zu können. Das wird etwas dauern, aber eines lässt sich schon sagen: Diese Aussitzerei in der Palästina-Frage wird in Zukunft vorbei sein. Links und im Zentrum wird überall eine Rückkehr an den Verhandlungstisch zur Bedingung gemacht. Egal für welche Koalition auch immer. Im Lager von Jesch Atid regt sich auch Unmut über einen möglichen Außenminister Lieberman - der allerdings ohnehin gerade seine juristischen Probleme hat, und der Öffentlichkeit schwer vermittelbar wäre.
Dementsprechend versuche ich gerade rauszufinden, wer was will, sich was wie vorstellt, und vor allem: Könnte es passieren, dass vor allem Lapid, der Neuling, alle Ideale, die er zu Protokoll gegeben hat, über Bord wirft, im für ein paar Jahre in der Regierung zu sitzen? Man hat ihn im Fernsehen gesehen, und seine Kommentare in der Zeitung gelesen. Aber wer er ist, wozu er bereit ist, darüber weiß man erstaunlich wenig. Das gilt es nun heraus zu finden. Die Erinnerung an Kadima, deren Spitze im vergangenen Mai im Brustton der Überzeugung erklärte, man werde nienichtniemals mit Netanjahu in der Regierung sitzen, als der schon zum ersten Mal Neuwahlen angekündigt hatte, um dann in der Nacht der Parlamentsabstimmung darüber zu verkünden, dass man jetzt in der Koalition sei, ist noch sehr frisch.
Allerdings ist sie das auch in der Politik. Und noch viel mehr so: Die Erinnerung an das, was heute mit Kadima passiert ist. Aus 29 Abgeordneten sind 2 geworden.
05:13, vorläufiges Endergebnis: Und. Das war's. Die Wahlkommission hat das vorläufige Endergebnis veröffentlicht. Es steht 60:60.
Da alle gültigen Stimmen für Parteien, die über die Wahlhürde von zwei Prozent gekommen sind, durch 120 geteilt werden, und dann alle Stimmen, die bei den einzelnen Parteien nicht für einen weiteren Sitz reichen, nach einem komplizierten Schlüssel, der Bader-Ofer-Methode, weiter verteilt werden, können sich noch Veränderungen von wenigen Sitzen ergeben, was in der Theorie auch die Mehrheitsverhältnisse verändern kann. Das ist aber eher unwahrscheinlich, weil hier wirklich alles doppelt und dreifach gezählt und berechnet wurde.
Fakt ist: Rechts-Religiös wird es nicht geben. Ansonsten ist fast alles möglich. Die Kahanisten, die gestern abend in der Prognose noch drin waren, sind nun doch draußen geblieben, knapp zwar, aber eben draußen.
Die Arbeiterpartei hat 15 Mandate bekommen, weniger als erwartet, aber immer noch mehr, als sie am Ende der letzten Knesseth hatte. Dort war sie zunächst in der Koalition vertreten. Dann spaltete sich eine Gruppe von Abgeordneten um Verteidungsminister Ehud Barak ab, als die Mehrheit der Fraktion aus der Regierung raus wollte. Baraks neue Partei trat dann am Ende nicht mal mehr zur Wahl an. Und die Rest-Arbeiterpartei hat sich vergleichsweise gut erholt.
04:47, 96,5 Prozent ausgezählt - und immer noch ein Patt. Kadima ist jetzt doch über der Zwei-Prozent-Hürde, um 0,09 Prozent und das hat die hauchdünne Mehrheit von rechts-religiös zum Kippen gebracht.
04:36, 3 580 836 Stimmen ausgezählt: Guten Morgen. Da bin ich wieder - und muss gleich mal fragen: Was ist diese Woche los? Erst Niedersachen. Jetzt Israel. Ein Patt. Schon wieder.
Aktuell sind 96,5 Prozent der Stimmen ausgezählt, und es steht 60:60 für Rechts-Religiös und Zentrum-Links-Arabisch. Was nicht bedeutet, dass beide Lager jemals daran gedacht hätten, jemals als Block in die Regierung zu gehen. Es ist nur die übliche Aufteilung. Eigentlich muss man die religiösen und die arabischen Parteien als eigene Blöcke betrachten. Und damit sähe das Spektrum dann derzeit so aus: 41 Sitze Rechts; 50 Sitze Links-Zentrum. Bei den religiösen Parteien zeigt zumindest Schas Offenheit für beide Optionen.
01:47, 1 944 415 Stimmen ausgezählt: Es wird spät in Israel, und die Leute gehen langsam schlafen. Die Wahlkommission hat gerade mitgeteilt, dass die Auszählung erst morgen abgeschlossen sein wird. Dementsprechend ist auch weiterhin alles offen. Die Parteien werden sich heute im Laufe des Tages intern zusammen setzen, und über die Optionen beratschlagen.
Die Palästinenser werden mit Reaktionen ebenfalls abwarten; mit weiteren Statements wird ebenfalls heute gerechnet.
Ich werde mich heute im Laufe des Tages mit Neuigkeiten zurück melden, bedanke mich fürs Lesen und
wünsche eine Gute Nacht.
01:02, 1 566 617 Stimmen ausgezählt: Und der öffentlich-rechtliche Sender kanal 2 hat jetzt gerade auch eine erste Hochrechnung geliefert: Likud / Jisrael Beitenu werden darin bei 33 Sitzen verortet, HaBajit haJehudi bei 11. Schas liegt bei 12 Mandaten, die Vereinigte Torah Union bei 7. Jesch Atid kann derzeit mit 18 Abgeordneten rechnen, die Arbeiterpartei mit 16, Zippi Livnis HaTnuah mit 7 und die linksliberale Meretz mit 6. Die arabischen Parteien kommen zusammen auf zehn Sitzen. Das ergibt nun zwar eine Mehrheit für rechts-religiös von 63 Sitzen. Aber nach wie vor ist erst ein Drittel der Stimmen ausgezählt; es kann sich also noch einiges ändern. Und dann: Die Frage ist, ob eine solche rechts-religiöse Koalition überhaupt machbar wäre. Links-Zentrum könnte nach wie vor versuchen, mit den religiösen Parteien eine Regierung zu bilden. Außerdem: Man darf nicht vergessen, dass Netanjahu und Bennett erhebliche persönliche Probleme haben, nachdem Letzterer einen abfälligen Kommentar über Frau Netanjahu gerissen hat.
00:48, 1 155 743 Stimmen ausgezählt: Netanjahu (Likud/Jisrael Beitenu), Avigdor Lieberman (ebenfalls), Lapid (Jesch Atid) und Schelly Jachimowitsch (Arbeiterpartei) haben nun ihre ersten offiziellen Auftritte absolviert. Letztere ist der festen Überzeugung, dass Netnanjhau gestürzt werden kann; Netanjahu dankte den Wählern, dass sie ihn "zum dritten Mal zum Regierungschef" gewählt haben (er war schon mal Ende der 90 für 18 Monate Premier), was nicht nur ich in Anbetracht der miesen Werte komisch fand, Lieberman erklärte, Jisrael Beitenu habe maßgeblich zum "Wahlsieg" beigetragen, was nicht mal mehr komisch ist, weil seine Partei bei ihrer Stammwählerschaft, den russischen Israelis, so wie es ausschaut komplett durchgefallen ist und wohl alleine kadimaisiert worden wäre.
Und Lapid? Lapid erinnerte an den großen Wahltag eines anderen Lapid - seines Vaters Tommy, der 2003 an der Spitze von Schinui, einer Partei, die allgemein als radikalsäkular bezeichnet wird, 15 Sitze einfuhr. Er erinnerte an die ersten Worte seines Vaters, in denen er von Verantwortung sprach. Lapid wirkte dabei ernst; ernster, als man ihn sonst kennt, und mein Eindruck ist, dass bei ihm ziemlich schnell einsinkt, dass er maßgeblichen Einfluss darauf hat, wie die Politik der kommenden Monate und vielleicht Jahre aussehen wird. Sein Umfeld lässt schon mal durchblicken, dass er nicht einfach zu haben sein wird, und dass es eine Fortsetzung der Politik der Vergangenheit in der Zukunft nicht passieren wird. Und: Unter Außen-, Innen- oder Finanzminister wird da außerdem nichts machen sein. Problem: Das sind alles Posten, die schon vergeben wären, falls Netanjahu die nächste Regierung bilden sollte. Ein künftiger Abgeordneter hat allerdings schon mal angemerkt, dass es eine Sache gäbe, die besser wäre, als in der Regierung zu sitzen - nämlich sie selbst zu führen. Es klang nicht so, als habe er das im Scherz gesagt.
23:18, 103 688 Stimmen ausgezählt: Mittlerweile gibt es auch eine erste Reaktion der palästinensischen Regierung. Saeb Erekat, Chefunterhänder der palästinensischen Seite, sagt, er hoffe, dass eine moderate Koalition zustande komme, die an den Verhandlungstisch zurück kehrt. Mit allem weiteren wolle man abwarten, bis es handfeste Ergebnisse gibt.
Die allerdings auf sich warten lassen: Auch jetzt, zwei Stunden nach der Schließung der Wahllokale, sind erst an die 103 000 Stimmen ausgezählt und bei der Wahlkommission verbucht. Das hat damit zu tun, dass alle Stimmen doppelt und dreifach geprüft werden, bevor sie als gültig gezählt und veröffentlich werden. Denn: Es gab an mehreren Orten Versuche, Wähler zu beeinflussen; hinzu kommt, dass es keine Wahlscheine, wie in Deutschland gibt, sondern einen eigenen Zettel für jede Partei, der in einen Umschlag gesteckt und dann in die Wahlurne geworfen werden. Das führt dazu, dass Leute absichtlich oder versehentliche mehrere Zettel in den Umschlag stecken. Aber es geht jetzt von mal zu mal schneller, weil diese Prüfungen nun langsam zum Abschluss kommen. Aktuell führt übrigens Likud / Jisrael Beitenu mit 22,41 Prozent, gefolgt von der Arbeiterpartei mit 13,69 Prozent und Jesch Atid mit 12,48 Prozent.
22:27, 12 568 Stimmen ausgezählt: Weshalb man nicht einmal einen Hauch von Definitivem verbreiten kann. Außer diesem: Wenn sich die Prognosen nur im Ansatz bewahrheiten, wird dies eine ausgesprochen komplizierte Regierungsbildung werden.
Es reicht nicht für Links-Zentrum. Es reicht nicht für Rechts-Religiös, jedenfalls nicht, wenn Otzmah leJisrael reinkommt. Und selbst wenn: Mit einer Koalition aus nur 61, 62 Abgeordneten treffen wir uns in ein paar Monaten wieder hier. Also braucht das eine oder das andere Lager entweder eine religiöse Partei (Links-Zentrum) oder eine linke, zentristische oder arabische Partei (Rechts-Religiös). Das dürfte der Rechten schwerer fallen, als der Linken. Denn: Es würde eine Schmerzfreiheit und Selbstaufopferung erfordern, sich mit HaBajit HaJehud, der Siedlerpartei von Naftali Bennett, an einen Tisch zu setzen. Oder wie mir jemand gerade aus dem Stab Lapids gesagt hat: "Wenn wir mit den Rechten hätten zusammen arbeiten wollen, wären wir bei Kadima eingetreten". Kadima, im Parlament derzeit mit 29 Sitzen vertreten, ist übrigens überhaupt nicht mehr drin - die Meinungsforscher machen dafür eben jene Koalition mit den Rechten verantwortlich, in der sie im vergangenen Jahr für einige Wochen saß. Und viele der Kadima-Wähler sind nun bei Lapid gelandet.
21:47 Uhr: Netanjahu hat gerade schon mal zu Protokoll gegeben: "Die Israelis wollen mich als Premierminister." Würde mich interessieren, woher er diese Erkenntnis bezieht - immerhin hat er gerade bis zu elf Sitze verloren hat (aktuell haben Likud und Jisrael Beitenu noch 42 Mandate) und kann mit ungefähr 25 Prozent der Stimmen rechnen.
Zweitstärkste Kraft ist übrigens so, wie es aussieht, Jesch Atid. Das ist die Partei des ehemaligen Boxers, Moderators, Kolumnisten und Schauspielers Ja'ir Lapid. Die letzten Umfragen hatten ihm nur so um die sieben Mandate prophezeit. Jetzt könnten 19 Leute auf seiner Liste einen neuen Job bekommen. Welche Politik sie dort betreiben werden, kann ich nicht sagen. Die Parteimitglieder aber auch nicht. Netanjahu hätte ihn gerne als Koalitionspartner. Wird er's machen? Jedenfalls hat er sich alle Optionen offen gehalten.
21:35: Übrigens: Die letzten Umfragen am Freitag hatten Linken, Zentrum, und arabischen Parteien gerade mal gemeinsam maximal 45 Sitze vorhergesagt.
21:30 Uhr: Nun haben die rechten und religiösen Parteien damit zwar eine Chance auf eine Mehrheit. Aber: Die könnte rein rechnerisch sein, denn der Teufel steckt im Detail. Zwei der rechten Sitze entfallen aktuell auf eine Kleinpartei namens Otzmah leJisrael, Stärke für Israel. Das ist eine rechtsradikale Partei, die sich stark in der Nähe der sogenannten Kach-Bewegung bewegt, einer terroristischen Vereinigung, aus deren Dunstkreis unter anderem Baruch Goldstein stammte, der 1994 ein Massaker in einer Moschee in Hebron verübte. Diese Partei gilt als unkoalierbar - und die Rechte hat damit aktuell keine Mehrheit. Und damit stellt sich ernsthaft die Frage, ob sich im Zentrum jemand findet, der Netanjahu die Mehrheit beschafft - oder ob Linke und Zentrum sich mit Hilfe einer religiösen Partei an einer Regierungsbildung versuchen.
21:22 Uhr: Und nun ein genauer Blick auf die Prognosen, der drei öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Rechtskonservative und rechte Parteien erhalten zwischen 43 und 45 Sitze. Religiöse Parteien werden bei 17 bis 19 Mandaten verortet. Linke und Zentrum liegen zwischen 47 und 50 Abgeordneten. Die arabischen Parteien rechnen derzeit mit acht bis elf Parlamentariern.
21:06, die Wahllokale haben geschlossen. Die erste Prognose: Das rechte Spektrum erhält 61 der 120 Sitze; Linke, Zentrum und arabische Parteien 59.
20:32, 28 Minuten bis zur Schließung der Wahllokale: So. In einer halben Stunde ist Schluss. Hier und da beansprucht schon mal die eine oder die andere Partei den Sieg für sich, und beruft sich dabei auf irgendwelche ungenannten Meinungsforscher, die sich angeblich verplappert haben. Meiner Erfahrung nach sind solche Statements dazu da, um den einen oder anderen dazu zu bringen, so oder anders zu stimmen.
20:10, 50 Minuten bis zur Schließung der Wahllokale: Mittlerweile liegt die Wahlbeteligung bei 63,7 Prozent, und vor allem in Tel Aviv und Haifa bilden sich immer noch lange Schlangen vor den Wahllokalen. Aber nicht nur dort: Auch aus arabischen Städten und Dörfern werden höhere Wählerzahlen als bei den Wahlen zuvor berichtet. Nachdem dort die Beteiligung am Mittag noch bei um die zehn Prozent lag, hatten die Spitzen mehrerer arabisch-israelischer Organisationen dazu aufgerufen, zur Wahl zu gehen, und selbst Michel Sabah, der bis 2008 lateinischer Patriarch von Jerusalem war, und nach wie vor der prominenteste Vertreter der katholischen Kirche in Jerusalem ist, hat die israelischen Araber dazu aufgerufen, zur Wahl zu gehen. Das hat er nie zuvor gemacht.
Wie viele dies am Ende des Tages getan haben werden, ist unklar. Aber es ist auch nicht gesagt, dass diese Wähler tatsächlich für eine der arabischen Parteien stimmen werden. Vor allem die jüdisch ultra-orthodoxe Schas hat in der Vergangenheit einige der wenigen dort abgegeben Stimmen mitgenommen, was nicht mehr so absurd erscheint, wenn man berücksichtigt, dass Schas, die aktuell an der Regierung beteiligt ist, Vergünstigungen für kinderreiche Familien durchs Parlament boxt, von denen viele dieser Wähler profitieren.
Aber auch die Arbeitpartei kann stets mit einigen arabischen Stimmen rechnen.
Übrigens: Man darf keinesfalls arabische Israelis und Drusen zusammen nehmen, und muss darüber hinaus auch zwischen Drusen im israelischen Kernland und jenen auf den Golanhöhen unterscheiden.
Die Drusen auf den Golanhöhen sehen sich als Syrer, lehnen die israelische Staatsbürgerschaft ab, und gehen auch nicht wählen. Die Drusen im israelischen Kernland hingegen dienen anders als israelische Araber beim Militär, und sie sind politisch ausgesprochen rechts: Vor allem Likud, aber auch noch viel rechtere Parteien nehmen hier die Stimmen mit.
19:40, 80 Minuten bis zur Schließung der Wahllokale: Ich habe jetzt mal kurz Professor Kamil Fuchs von der Universität Tel Aviv befragt. Das ist ein Statistiker und Wahlforscher. Er verweist zunächst einmal darauf, dass das Wetter heute im gesamten Land ausgesprochen angenehm ist, nachdem es in den vergangenen Wochen so heftig gestürmt hat, wie schon seit 20 Jahren nicht mehr. Auch wenn das für die unter chronischem Wassermangel leidenden Region natürlich extrem gut ist, könnte die Kälte vor allem junge Israelis an die soziale Realität im Lande erinnert haben, die in den vergangenen beiden Jahren die Menschen in Massen auf die Straßen gebracht hat: Viele Wohnungen sind nicht nur überteuert, sondern auch schlecht isoliert, ohne feste Heizung. Und der Strom für einen Elektrofen ist wirklich heftig teuer.
Für die Theorie spricht auch die Lethargie vor allem in den Likud-Gebieten: Sie befinden sich vor allem in der Peripherie im Süden, in der Nähe des Gazastreifen, wo die Menschen in den vergangenen Monaten gleich zweifach strapeziert wurden - durch die von hoher Arbeitslosigkeit und hohen Kosten verursachte soziale Lage. Und den Krieg im Gazastreifen, der diese Lage verschärft hat. Die Menschen dort haben von der Regierung zumindest den Versuch der Abhilfe erwartet - aber geschehen ist nichts. Das ist jetzt zunächst einmal nur eine Theorie.
Natürlich könnte es auch sein, dass die harte Haltung Netanjahus in den Iran- und Palästinafragen sowie seine Scharmützel mit US-Präsident Barack Obama andernorten die Wähler dazu gebracht haben, ungeplant zur Wahl zu gehen, um für Likud / Jisrael Beitenu zu stimmen, wie gerade ein Wahlkämpfer des Bündnisses im Fernsehen behauptet. Doch er steht mit dieser Analyse aktuell komplett alleine da - selbst im eigenen Bündnis, wo Likud und Jisrael Beitenu nun anfangen, sich schon mal gegenseitig die Schuld zuzuschieben.
19:10 MEZ, 110 Minuten bis zur Schließung der Wahllokale: Die große Neuigkeit des Tages ist die Wahlbeteiligung. Für eine Wahl, die immer und immer wieder in den vergangenen Tagen und Wochen als längst entschieden dargestellt; Premierminister Benjamin Netanjahu und sein Wahlbündnis Likud / Jisrael Beitenu waren sich sogar so sicher, dass sie auf Wahlkampf weitgehend verzichteten, während die Parteien zur Linken und im Zentrum Schwierigkeiten hatten, ihre Themen rüber zu bringen und vor allem mit ihren Differenzen untereinander für Nachrichten sorgten. Dementsprechend ist die Wahlbeteiligung wirklich eine Überraschung. Mit 55,5 Prozent lag sie um 17 Uhr MEZ um 5,2 Prozent über der Beteiligung vor vier Jahren; nur 1999, vor drei Wahlen, war sie das letzte Mal höher. Doch was bei Likud / Jisrael Beitenu gerade für wirklich heftige Nervosität sorgt, sind die Berichte über Arbeitsmangel in den Wahllokalen der Likud- und Jisrael Beitenu-Hochburgen, während sich im Kernland der Linken und des Zentrum die Wähler drängeln. Woran liegt's? Ich suche jetzt mal nach Antworten und melde mich in einigen Minuten wieder.
Guten Abend. Mein Name ist Oliver Eberhardt und ich werde heute abend die Parlamentswahl mit Hintergründen, Reaktionen und Ergebnissen begleiten.
Vorweg ein paar Fakten: 32 Parteien und Listen bewerben sich um die Stimmen der 5,65 Millionen Wähler und damit einen der 120 Sitze in der Knesseth. Wahlberechtigt ist, wer israelischer Staatsbürger ist, und am Wahltag in Israel oder einer israelischen Siedlung in Palästina oder auf den Golanhöhen gemeldet ist, wobei dazu auch zählt, das Registrierungsformular in einem Hotel ausgefüllt zu haben - was stets von mehreren Tausend Ausland-Israelis genutzt wird, die eigens zu den Wahlen anreisen. Wahlberechtigt sind auch 850 000 Palästinenser, die im israelischen Staatsgebiet wohnen, und damit die israelische Staatsbürgerschaft haben. Palästinensische Einwohner des von Israel unilateral annektierten Ostteils von Jerusalem sind hingegen können hingegen nur an Knesseth-Wahlen teilnehmen, wenn sie die Staatsbürgerschaft angenommen haben, was aber nur wenige tun. Bei Kommunalwahlen hingegen besteht ein Wahlrecht; allerdings werden diese Wahlen von den arabischen Jerusalemern überwiegend boykottiert.
Die Wahllokale sind bis um 21 Uhr deutscher Zeit geöffnet; erste Hochrechnungen werden kurz danach erwartet. Aber: Wie die neue Regierung aussehen wird, wohin der Weg in Sachen Palästina, Iran aber auch den sozialen Problematiken gehen wird, die in den vergangenen beiden Sommern Hunderttausende auf die Straßen gebracht hat, werden wir erst dann genau wissen, wenn sich eine Koalition abzeichnet.
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