Die Angst vorm Aufstand

Albträume, von denen die weltweite Wirtschaftselite nachts geplagt wird

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.
Am meisten Angst haben Manager vor sozialen Unruhen. Das ergab eine Umfrage unter ihnen. Doch mehr Steuergerechtigkeit, die kommende Aufstände verhindern könnte, wollen die meisten auch nicht.

Brennende Barrikaden in der Innenstadt, ein wütender Mob der die Konzernzentrale stürmt, streikende Arbeiter, die die Fabrik besetzen. Das sind wohl die Albträume, die die weltweite Wirtschaftselite nachts plagen. Denn eine Umfrage der Unternehmensberater von PricewaterhouseCoopers (PWC) unter 1330 Managern ergab, dass die Konzernbosse nichts mehr fürchten als soziale Unruhen. 75 Prozent der befragten Konzernlenker gaben im „16th Annual Global CEO Survey“ von PWC an, dass Aufstände im eigenen Land ihnen am schlimmsten das Geschäft vermiesen könnten. Diese Furcht steht damit noch vor einer Rezession in den USA (67 Prozent) und Naturkatastrophen (56 Prozent). Nur 53 Prozent haben Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone.

Die Rezession in Europa drückt immer mehr die Erwartungen der Vorstände. Nur noch 22 Prozent der westeuropäischen Unternehmen rechnen mit einer Umsatzsteigerung. In Deutschland sind es 31 und weltweit 36 Prozent. Doch die Krise verhagelt nicht nur die Bilanzen. Wenn jeder Vierte ohne Job und die Hälfte der Jugend arbeitslos ist, wie in Spanien und Griechenland, dann treibt das die Leute auf die Straße. Die Angst der Manager vor Unruhen ist da nicht ganz unbegründet. Meist kaum beachtet von den hiesigen Medien, entlud sich der Unmut der Menschen bereits öfters in Gewaltausbrüchen.

In Griechenland, das besonders stark unter dem Spardiktat der Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds leidet, gehören Auseinandersetzungen zwischen Anarchisten und der Polizei zum üblichen Ritual bei Protesten. Wer auf der Internetplattfrom Youtube „Greek Riot“ (auf Deutsch: griechischer Aufstand) eingibt, erhält etwa 18200 Videos zur Auswahl, in denen Barrikaden brennen oder Molotow-Cocktails fliegen. Im Sommer 2012 demonstrierten spanische Minenarbeiter aus den nordwestlichen Provinzen Asturien und Leon für den Erhalt ihrer Existenzgrundlage. Sie besetzen Bergwerksstollen und lieferten sich heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Mit selbstgebauten Raketenwerfern und Zwillen schossen sie auf die anrückenden Ordnungshüter.

Und auch in den USA verliefen die Occupy-Proteste nicht so friedlich wie in Deutschland. Im November 2012 besetzten Tausende Menschen in Kalifornien den Hafen von Oakland. Danach kam es zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei. Lernen die Manager aus ihren Ängsten? Anscheinend nicht. Denn mehr Steuergerechtigkeit, die die Auswirkungen der Krise auf die Mehrheit der Bevölkerung zumindest lindern könnte, lehnen die Meisten unter ihnen ab. 62 Prozent der von PWC Befragten gaben an, dass eine steigende Steuerbelastung die größte Bedrohung für das Wachstum des eigenen Unternehmens sei. Ein Widerspruch, der es in sich hat.

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