Die Spree rostet
Ausgewaschenes Eisenhydroxid und Sulfat aus alten Tagebauen beschäftigt Brandenburgs Landtag
Lübbenau/Potsdam. Die zunehmende Braunfärbung der Spree in der Lausitz treibt Anwohnern Sorgenfalten auf die Stirn. Angler, Fischer, Landwirte, Naturschützer und Kommunalpolitiker befürchten Schäden für Flora und Fauna sowie für den Tourismus im Süden Brandenburgs. Die braungelbe Brühe besteht aus Eisenhydroxid und stammt vor allem aus sanierten Braunkohlegebieten, wo der Stoff von wieder ansteigendem Grundwasser ausgewaschen wird. Auch Sulfat gelangt auf diese Weise in den Fluss.
Aktive Tagebaue des Bergbaubetreibers Vattenfall steuern ebenfalls ihren Anteil bei. Betroffen sind die Spree, die Kleine Spree und die Schwarze Elster. Der größte Teil der braunen Fracht wird in der Talsperre Spremberg aufgefangen. Weiter flussabwärts ist das UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald bedroht.
»Es geht hier um viele Arbeitsplätze in der Tourismusbranche«, warnt Peter Stephan, Chef des Tourismusverbandes Spreewald. Eine zunehmende Versauerung der Spree könnte auch das Trinkwasser der Städte und Gemeinden sowie von Berlin gefährden. Bisher sind die Mengen nach Behördenauskunft aber nicht gesundheitsschädigend.
»Wir sehen in der Verockerung der Spree eine Gefahr für Tiere und Pflanzen im Spreewald und für den Tourismus«, sagt Jana Eitner vom Tourismusverein Burg (Spree-Neiße). »Diese Stoffe kommen hier auch aus den ehemaligen Braunkohletagebauen Schlabendorf und Seese-Ost und haben bereits südliche Randbereiche des Spreewalds erreicht«, berichtet die Sprecherin des Aktionsbündnisses »Klare Spree«. Es hatte sich im vergangenen Dezember in Raddusch gegründet und vereint Partner zwischen Spremberg und Lübbenau. Wie Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (LINKE) versichert, beobachten die Umweltressorts in Brandenburg und Sachsen mit Sorge das Problem der Spreefärbung. Die zuständigen brandenburgischen Behörden für Umwelt und Bergbau hätten die Gefahr der bergbaubedingten Stoffeinträge frühzeitig erkannt und bereits 2008 erste Untersuchungen angeordnet. »Eine Lösung des komplexen Problems ist allerdings schwierig und langwierig«, betont Tack.
Experten für Bergbausanierung schätzen, dass für diese Arbeiten wohl ungefähr 100 Jahre veranschlagt werden müssen. Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Sanierungsgesellschaft (LMBV) plant ab 2014 den Bau von Gräben, Drainagen, Brunnensystemen und unterirdischen Dichtwänden, um die aus Kippenböden ausgewaschenen Schadstoffe herauszufiltern. Zudem soll die Aufbereitungsanlage für Grundwasser im Spremberger Ortsteil Schwarze Pumpe genutzt und die alte Anlage im sächsischen Burgneudorf wiederbelebt werden. Das Vorhaben soll laut LMBV dann im April dem Steuerungs- und Budgetausschuss für die Braunkohlesanierung vorgelegt werden. Dort sitzen die Geldgeber - der Bund und die Braunkohleländer - , die über das Millionenvorhaben entscheiden.
Im Sanierungstopf der LMBV liegen für die Jahre 2013 bis 2017 rund 1,23 Milliarden Euro Steuergelder, davon allein 590 Millionen für die brandenburgische Lausitz. Die von der braunen Spree Betroffenen hoffen, dass genug Geld für das langfristige Projekt eines sauberen Flusses abfällt.
Und wer bezahlt?
Brandenburgs Landtag dringt auf Initiativen gegen die wachsende Belastung der Spree mit Eisenhydroxid und Sulfat aus alten Braunkohletagebauen. Zu dem Thema werden dem Parlament in der heutigen Sitzung drei Entschließungsanträge vorliegen. Die Regierungsfraktionen SPD und LINKE fordern eine Arbeitsgruppe zur Koordinierung dreier Fachministerien sowie des Bergbausanierers LMBV und des Energiekonzerns Vattenfall. Man will Sofortmaßnahmen sowie ein dichteres Netz von Messstellen prüfen. Gutachten sollten außerdem im Interesse der Transparenz für alle einsehbar ins Internet gestellt werden. Noch sind sich die Koalitionspartner nicht darin einig, ob die aktiven Bergbaubetreiber an der Finanzierung beteiligt werden sollten. CDU und Grüne verlangen von der rot-roten Landesregierung ein Konzept gegen die weitere »Verockerung« der Spree. (dpa/nd)Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.