Volksbegehren für kommunalen Strom startet
Unterschriftensammlung für öffentliches Energienetz beginnt am 11. Februar
Nun ist es offiziell: Das Berliner Amtsblatt verkündete die Durchführung eines Volksbegehrens für die Rekommunalisierung der Berliner Stromnetze und die Gründung eines landeseigenen Energieversorgers. Am 11. Februar beginnt die Unterschriftensammlung für einen entsprechenden Gesetzentwurf, den der Berliner Energietisch, ein Bündnis aus rund 50 Parteien, Organisationen und Initiativen, erarbeitet hat. Für einen Erfolg des Begehrens müssen binnen vier Monaten rund 173 000 wahlberechtigte Berliner, das entspricht einem Quorum von sieben Prozent, unterschreiben. Die Initiatoren rechnen mit bis zu 2000 aktiven Sammlern. Um das Volksbegehren weiter bekannt zu machen, sollen unter anderem stadtweit 5000 Plakate geklebt werden. Falls die Initiative erfolgreich verläuft und der Senat die Gesetzvorlage dennoch ablehnt, wird es einen Volksentscheid zur Zukunft der Energieversorgung in der Hauptstadt geben.
Beim bisherigen Netzbetreiber Vattenfall Europe Distribution Berlin, einem Tochterunternehmen des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall, gibt man sich betont gelassen. Man beteilige sich selbstverständlich am Vergabeverfahren für die neue Konzession, die zum 1. Januar 2015 vergeben wird, erklärte Helmar Rendez, Vorsitzender der Geschäftsführung des Unternehmens, vergangenen Mittwoch in Berlin. »Wir können Netze«, so Rendez unter Verweis auf die hohen technischen- und Service-Standards, die das Unternehmen seinen Berliner Kunden biete. Schließlich gelte es, 2,3 Millionen Haushalte und Gewerbetreibende zuverlässig mit dem Strom von über 300 Anbietern zu beliefern und neben den Großkraftwerken auch rund 5000 dezentrale Erzeuger, hauptsächlich Blockheizkraftwerke und Photovoltaikanlagen, in das Netz zu integrieren.
Um dieses Niveau zu halten und den neuen Herausforderung der Energieversorgung auch künftig gerecht werden zu können, werde man auch in diesem Jahr erhebliche Mittel bereit stellen, kündigte Rendez an. Für Ausbau und Erneuerung des Netzes sollen über 280 Millionen Euro ausgegeben werden, wobei 70 Prozent der Aufträge bei regionalen Unternehmen landen.
Zu den Großprojekten gehören der Neubau eines Umspannwerkes in Berlin-Britz und die komplette Modernisierung der Verteilernetze in Berlin-Spandau. Ferner muss für das im Entstehen befindliche neue Stadtquartier rund um den Hauptbahnhof die notwendige Versorgungsinfrastruktur geschaffen werden. Infolge der unterirdischen Erneuerung des Hochspannungsnetzes sollen außerdem noch in diesem Frühjahr rund 30 Freileitungsmasten in Moabit und Charlottenburg abgebaut werden, was »neue städtebauliche Potenziale« erschließe, so Rendez. Investiert wird auch in die Entwicklung »intelligenter Netze« und neuer Speichertechnologien, um die schwankenden Einspeisungen von Photovoltaik- und Windanlagen besser bewältigen zu können.
Trotz hoher Investitionen lohnt sich das Netzgeschäft für den Vattenfall-Konzern. Die Berliner Netz-Tochter erwirtschaftete 2011 einen Gewinn von 78 Millionen Euro; Geld welches im Falle einer Rekommunalisierung des Netzes künftig dem Landeshaushalt zu Gute käme. Und das sei noch lange nicht alles, so der Sprecher des Energietischs, Stefan Taschner, gegenüber nd. Denn diese ausgewiesenen Gewinne beträfen nur die unmittelbaren Einnahmen aus dem Betrieb Netzes. Dazu kämen große Profite aus den ebenfalls von den Stromkunden zu tragenden Servicenentgelten. Dabei handelt es sich laut Taschner um eine »Black Box«, da die entsprechenden Summen in den Bilanzen des Unternehmens nicht auftauchten.
Infos über das Volksbegehren: www.berliner-energietisch.net
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