Keine Nachtruhe in der Koalition

Die LINKE verhandelt mit der SPD - regelmäßig und nicht nur im Krisenfall

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Was sie sich für 2013 vorgenommen hat, das legte die Landtagsfraktion in elf Punkten dar. Sich kurz zu fassen, das ist jedoch die Sache der LINKEN nie gewesen, und so gehören zu den elf Punkten insgesamt 40 Stichpunkte. Bundesratsinitiativen zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes, zur Wiederbelebung der Vermögenssteuer, zur Überwindung des Ehegattensplittings, für einen Mindestlohn von zehn Euro aufwärts und für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr gehören dazu. Die Stromsteuer soll abgeschafft, Mieter sollen geschützt werden. Außerdem will die LINKE die Gemeinschaftsschule weiter vorbereiten.

Das alles sei doch ein Wunschkonzert, das mit den Realitäten nichts zu tun habe, beschwerte sich gestern der CDU-Landtagsabgeordnete Ingo Senftleben. »Die LINKE regiert seit drei Jahren in diesem Land mit«, erinnerte er. Die eigenen Ansprüche an die Regierungsbeteiligung habe sie offensichtlich nicht erfüllen können. »Rot-Rot bleibt weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurück.« Die »illusorischen Vorstellungen« zeugen nach Ansicht von Senftleben vom Unvermögen der Linkspartei und von der mangelnden Zusammenarbeit in der Koalition. »Dem Vernehmen nach muss der Koalitionsausschuss nun ja auch immer öfter tagen«, sagte Senftleben. »Schon im Streit um die Nachtflugzeiten kann sich die LINKE bei der SPD nicht durchsetzen.« Die LINKE mache Versprechungen, die keinerlei Aussicht auf Erfolg haben.

Die LINKE mochte auf diese Vorwürfe am liebsten gar nicht reagieren. Über Senftleben sagte Linksfraktionschef Christian Görke lakonisch: »Den nehme ich nicht ernst.« Im Gegensatz zu früher tage der Koalitionsausschuss inzwischen »turnusmäßig, regelmäßig«, und nicht nur im Krisenfall, wie es in den Jahren 1999 bis 2009 gewesen sei, als die SPD mit der CDU regierte. Was das Erreichte betreffe, so »erweitert ein Blick in den Koalitionsvertrag den Horizont«, empfahl Görke. Da stehe die Rente mit 67 Jahren für Polizeibeamte, man habe aber die Rente mit 62. Da stehe auch, dass es 2019 nur noch 40 000 Stellen im Landesdienst geben sollte und nun seien 43 000 vorgesehen. Außerdem werden statt 1250 Lehrern 2000 Pädagogen eingestellt.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat schon mehrfach betont, dass es mit den Sozialisten viel weniger Streit gebe als einst mit der CDU.

Im Zusammenhang mit ihrer Klausur in Großräschen stellte die SPD-Fraktion gestern ein Strategiepapier zur Industriepolitik vor. 100 000 Jobs in der Industrie sind darin als Ziel genannt. Derzeit sind es 90 000. »Industrie ist nicht alles, aber ohne Industrie ist alles andere nichts«, erklärte SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher. Das Papier steht keineswegs im Gegensatz zu den Absichten von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE). Viel erinnert an seinen Aktionsplan »Pro Industrie«. Das Bekenntnis der SPD zur Braunkohle ist so formuliert, dass es nicht im Widerspruch zum Koalitionsvertrag steht.

Einen schwerwiegenden Konflikt gibt es zur Zeit dennoch: die Nachtruhe in Schönefeld von 22 bis 6 Uhr. Die SPD will dies bislang nur dann akzeptieren, wenn ein derartiges Nachtflugverbot bundesweit gilt. Bis Mitte Februar wird weiter verhandelt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.