Der schläfrige Minister
Der Nord-Ostsee-Kanal muss weiter auf eine Sanierung warten
Pünktlich zur anstehenden Landtagswahl in Schleswig-Holstein begab sich Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vergangenes Jahr am 17. April höchstpersönlich nach Brunsbüttel, um sich mit einem ersten Spatenstich für das Projekt des Baus einer fünften Schleusenkammer für den Nord-Ostsee-Kanal (NOK) medienträchtig in Szene zu setzen und der wahlkämpfenden CDU zur Seite zu stehen.
Doch aus dem Kümmerer ist ein Ärgernis geworden, denn inzwischen ist bekannt geworden, dass für die fälligen Bautätigkeiten noch nicht einmal die notwendige Ausschreibung fertig gestellt und die Frist vom Berliner Ministerium für die Beantragung einer zehnprozentigen EU-Bezuschussung an den Kosten verpasst wurde.
Seit Jahren klagen Hamburg und Schleswig-Holstein, dass Ramsauer bei der Mittelbewilligung aus dem immer wieder umkämpften wie begrenzten Verkehrshaushalt Projekte im Süden bevorzuge. Für die Schleuse in Brunsbüttel sind 300 Millionen Euro zweckgebundene Bundesgelder bis 2016 festgeschrieben. Der Baubeginn dafür wird nun wohl erst zweieinhalb Jahre nach dem ersten Spatenstich erfolgen, weist die SPD auf Ramsauers Peinlichkeit hin.
Dieser gefährde mehrere tausend am NOK hängende Arbeitsplätze, kommt auch von den Grünen Kritik am schläfrigen Berliner Ministerium. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) fordert für die Zukunft, der NOK-Bedeutung gerechter zu werden, indem jährlich ein Prozent des zehn Milliarden Euro umfassenden Volumens aus dem Bundesverkehrsinfrastrukturhaushalt für die weltweit meistbefahrene künstliche Wasserstraße reserviert werden. Jährlich passieren rund 42000 Schiffe den Kanal. Insbesondere die immer wieder durch Defekte und Schiffshavarien beeinträchtigte Schleusenanlage in Brunsbüttel ist inzwischen marode und eigentlich reif fürs Museum.
Doch der Bau einer neuen Schleusenkammer ist nicht mal eben so schnell vollbracht, sondern wird sich Jahre hinziehen. Vor 2020 dürfte das Bauvorhaben jetzt nicht mehr fertig werden. Eine kaputte Schleuse bedeutet für die Reeder jeweils Wartezeiten, die sich bis hoch zu Millionenbeträgen summieren und damit für einen wirtschaftlichen Schaden sorgen.
Spätestens am 8. April wird sich selbst Angela Merkel (CDU) zu dem Thema nicht mehr wegducken können, wenn sie in Kiel an der nächsten Maritimen Konferenz teilnimmt. Der DGB hat die Kanzlerin aufgefordert, Ramsauer die Verantwortung für den Ausbau zu entziehen. Vor der nahenden Bundestagswahl dürfte sie über solch hausgemachte Baustelle nicht gerade erfreut sein. Die Bundeswasserstraße werde seit Jahren kaputtgespart, beklagt sich DGB Nord-Vorsitzender Uwe Polkaehn.
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