Los jetzt
Jörg Meyer über einen offenen Brief zur Einführung der 30-Stunden-Woche
Ein Bündnis aus Wissenschaftlern, Gewerkschaftern und Publizisten forderte gestern in einem offenen Brief die Einführung der 30-Stunden-Woche. Die Argumente sind ebenso schlüssig wie bekannt, beispielsweise weniger Arbeitslosigkeit oder mehr Geld für die Sozialkassen. Zudem ist Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich historisch eine Kernforderung der Gewerkschaften. Aber dem stehe die betriebliche Realität entgegen, heißt es nicht nur bei ver.di. Viele Menschen kommen mit ihrem Lohn schon bei Vollzeit nicht über die Runden. Darum drehen sich aktuelle Tarifforderungen, beispielsweise in den anstehenden harten Auseinandersetzungen im Einzelhandel, in erster Linie um Lohnfragen oder um eine Zurückweisung von Angriffen auf tarifliche Arbeitszeit- oder Urlaubsregelungen. Auch das ist goldrichtig. Tarifforderungen werden von Beschäftigten gemacht, die erleben die Arbeitsbedingungen täglich. Aber, und das zeigt die Mindestlohndebatte: Politik machen heißt dicke Bretter zu bohren. Es wäre wünschenswert, würden die auch Gewerkschaften das noch mehr tun und helfen, ein gesellschaftliches Mantra »Arbeitszeitverkürzung« zu schaffen wie es mit dem »Mindestlohn« passiert ist. Sicher: Es wäre noch immer ein weiter Weg, die gesetzliche Lohnuntergrenze ist erst nach zehn Jahren zäher Debatten scheinbar in greifbarer Nähe. Aber irgendwann muss man damit anfangen.
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