Gegen die Kommerzspirale

Der 1. FC Nürnberg hat beim 2:2 gegen Hannover wieder nicht verloren - doch vielen Fans bereitet der Fußball andere Sorgen

  • Ralf Hutter, Nürnberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Sonntag Nachmittag am frisch umgetauften Grundig-Stadion in Nürnberg: Es sind noch über zwei Stunden bis zum Spiel des 1. FC Nürnberg gegen Hannover 96, doch vor dem Eingang zu 'ihrer' Nordkurve sind schon mehrere Hundert Nürnberg-Fans versammelt, schwenken Fahnen und rufen nach dem »Max-Morlock-Stadion«. Von einer Lkw-Ladefläche herab wird die Forderung vorgetragen, das ehemalige Franken- und »Easy-Credit«-Stadion nach dem Weltmeister von 1954 und Mitglied der Nürnberger Meistermannschaften von 1948 und 1961 zu benennen.

Der Mittelfeldspieler war »einer der bedeutendsten FCN-Spieler« und »steht für die Werte des FCN: Kampfgeist und Leidenschaft«, sagt Thomas Walther. Der 29-Jährige gehört zur Fangruppe »Ultras«, die in der Nürnberger Fanszene eine »führende Rolle« hat, wie Walther sagt. Sie hat die Demonstration mitorganisiert.

Die Aktion des Bündnisses, dem an die 100 Fanclubs angehören, war lange geplant und wurde in den letzten Tagen wieder aktuell. Am Donnerstag gab der Verein bekannt, ab sofort einen neuen Sponsor für den Stadionnamen zu haben. Es ist nun der aus Nürnberg stammende Elektronikhersteller Grundig, der dem Stadion bis 2017 den Namen geben soll. Thomas Walther findet, »es wird etwas vorgetäuscht«, Grundig wolle sich »ein familienfreundliches Image« geben. Tatsächlich sind die Reste des 2003 in die Insolvenz gegangenen Unternehmens in den Händen des türkischen Elektronikkonzerns »Beko«.

Die Nürnberger Ultras richten sich denn auch gegen die »Spirale des Profifußballs«, wie Walther es ausdrückt, mit der Kommerz, Fanüberwachung und Repression einhergingen. Gerade auch die Ereignisse am vergangenen Wochenende beim Auswärtsspiel in Frankfurt erzürnt die Nürnberger Fans heftig. Da hatte ihnen der Heimverein aufgrund einer Gefahrenprognose der Nürnberger Polizei verboten, große Zaunfahnen ins Stadion zu nehmen. Hunderte Nürnberger blieben deshalb vor den Stadiontoren und feuerten ihr Team von dort an. In der Folge kam es zu Gewalt zwischen Fans und Polizei, an der sich beide Seiten gegenseitig die Schuld geben.

Ultra Walther stimmt mit dem Reporter Martin Quast vom Fernsehsender »Sport 1« darin überein, dass es mehrere Konfliktherde in dem weitläufigen Gelände gab, dass aber die Gewalt am Zaun auf die Polizei zurückgeht. Der Fernsehjournalist teilt auf nd-Anfrage mit: »Es gab aus meiner Sicht keinen Grund, dass hier die eigentlich zur Deeskalation auftretende Polizei in deutlicher Stärke mitten hinein in die Fans laufen musste. Das führte umgehend zur Explosion der Aggressivität! Fans rüttelten am Tor und wurden sofort mit gezückten Stöcken und Pfefferspray bearbeitet. Ich bin davon überzeugt, dass es ohne Polizei in diesem Abschnitt ruhig geblieben wäre.« Ein Dutzend verletzte Fans hat es laut Walther gegeben.

Zu allem Übel macht den Fans auch der Fußball Sorgen, nachdem Nürnberg in den letzten Spielen durchaus wieder zu gefallen wusste. Gegen Hannover 96 spielte das Team zwar vor allem in der ersten Halbzeit gefällig und erarbeitete sich Torchancen, war aber insgesamt eher harmlos. Der zwischenzeitliche Ausgleich zum 1:1 war denn auch ein Kopfball des Abwehrspielers Timm Klose (53. Minute) nach einer Freistoßflanke.

Hannover wirkte trotz vergebener Großchancen in der zweiten Hälfte reifer und lag ab der 68. Minute zu Recht mit 2:1 vorn, als Mohammed Abdellaoue sich auf dem linken Flügel durchsetzte und Didier Ya Konan wenige Meter vor dem Tor unbedrängt zum Schuss kam. Schlecht hatte die Nürnberger Abwehr schon in der 40. Minute ausgesehen, als Szabolcs Huszti das 1:0 erzielte. Als die Uhr gerade auf Minute 90 umsprang, traf der kurz zuvor eingewechselte Sebastian Polter noch zum glücklichen Ausgleich für Nürnberg.

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