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Werbung für Ausbildung - kein Wegwerfartikel

Unternehmerbände wünschen sich Schulen als verlässliche Partner bei Berufsorientierung

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.

»Unsere Werbung schmeißt man gleich weg«, wundert sich Gerrit Buchhorn, Vize-Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Berlin. Es sei schwer, in die Schulen zu kommen. Das Angebot sei »für unsere Gymnasiasten völlig uninteressant«, habe er auf Nachfrage erfahren. Aber es ginge doch darum, sich einen Job mal anschauen zu können, sagt er.

»Wir brauchen zwei Dinge: Ausbildungsplätze und qualifizierte Bewerber«, erläutert Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) am Montag vor Journalisten Bilanz und Ausblick des Lehrstellenjahres in der Region. Bei den Lehrstellen fällt das Ergebnis gut aus. So seien in Berlin 2012/2013 gegenüber dem Vorjahr 521 neue Ausbildungsverträge mehr abgeschlossen worden. Von den insgesamt 17 473 Ausbildungsplätzen seien 15 807 rein betriebliche. In Brandenburg würden hingegen mit den erwarteten 10 000 Ausbildungsverträgen 300 weniger als im Vorjahr erwartet.

In beiden Bundesländern suchen derzeit rund 60 000 junge Menschen einen Ausbildungsplatz. Ihnen steht ein Angebot von 63 000 Lehrstellen zur Auswahl. »Rein rechnerisch«, so die Unternehmer, übersteige damit das Angebot die Nachfrage. »Die Aussichten auf einen Ausbildungsplatz sind besser, denn je«, unterstreicht Amsinck. Jedem Jugendlichen in Berlin und Brandenburg könne ein Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt werden. Dies aber natürlich nicht für jeden nach Wunsch und immer gleich um die Ecke.

Mehr als 350 Ausbildungsberufe gibt es, »in Mode« sind etwa 30. Ein »Sender-Empfänger-Problem« hat die Wirtschaft ausgemacht. Schulen wünscht sie sich als »verbindliche Partner, die auf Kontaktanfragen und Angebote verlässlich reagieren«. Die UVB setzen neben besserer beruflicher Orientierung und Information an den Schulen besonders auf Praktika. Darauf schwören kleine und mittlere Firmen. Es ist ja allemal besser, wenn die Bewerber wissen, worauf sie sich einlassen.

Auf die Bewerber wollen sich die Unternehmen, die den demografischen Wandel zunehmend stärker schmerzlich mit einem Mangel an Fachkräftenachwuchs verspüren, ihrerseits einlassen. UVB-Chef Amsinck fordert nicht nur eine »formale, sondern eine tatsächliche Ausbildungsreife«. Damit meint er in jedem Falle »anwendbare Kompetenzen in Kernfächern«. Andererseits ist er auch ausdrücklich bereit, dass Unternehmen für eine Einstiegsqualifizierung »nacharbeiten«. Zu beurteilen sei deshalb auch, ob der Auszubildende zwei bis drei Jahre durchhalten könne, über die nötige soziale Kompetenz verfüge und guten Kontakt zu seinen Ausbildern halten werde. Ein erfolgreicher Abschluss müsse in Aussicht stehen. Es sei »immer möglich, etwas Versäumtes nachzuholen«.

Versäumt wird allerdings eine Menge. Mit jeweils knapp 30 Prozent verzeichnen Berlin und Brandenburg die bundesweit höchsten Quoten bei Schulabgängern ohne Abschluss. Was in der Region anders als anderswo sei, wissen auch die UVB-Spitzen nicht recht zu sagen. Vielleicht sei es eine »gewisse Unübersichtlichkeit« oder sogar das Überangebot einer Großstadt.

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