»Es war ein steiniger Weg«

Linksfraktionschef Christian Görke über die Verhandlungen mit der SPD

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Die SPD zierte sich lange, dem Volksbegehren für mehr Nachtruhe in Schönefeld zuzustimmen. Wie ernst ist es der SPD jetzt?
Görke: Die rot-rote Koalition geht mit 100 Prozent hinein. Wir wollen mehr Nachtruhe.

Nehmen wir an, Ministerpräsident Platzeck verhandelt nur pro forma mit Berlins Regierendem Bürgermeister Wowereit. Insgeheim verständigten sie sich vielleicht, dass Wowereit mehr Nachtruhe eisern ablehnen wird. Können Sie sich das vorstellen?
Nein. Matthias Platzeck spielt nicht. Er geht wirklich los und verhandelt ernsthaft.

Was macht Sie da so sicher?
Die LINKE und die SPD haben mehrere Wochen intensiv diskutiert und verhandelt. So einer Mühe unterzieht man sich nicht, wenn es nur ein Trick sein soll. Wenn ein Neustart am Flughafen BER gelingen soll, angesichts des ganzen Ärgers um die mehrmalige Verschiebung des Eröffnungstermins und um die erheblichen Mehrkosten, dann braucht es Akzeptanz der Bürger - und die gibt es nur, wenn mehr Nachtruhe herrscht. Das müssen auch der Berliner Senat und die Bundesregierung einsehen. Bei ihnen liegt jetzt der Ball, und sie müssen ihn ins Tor schießen.

Bisher haben sich die Bundesregierung und der Berliner Senat in der Frage der Nachtflüge nicht erweichen lassen. Was gibt Ihnen denn Hoffnung?
Dass ein Umdenken möglich ist, haben wir beim Schallschutz bereits unter Beweis gestellt. Das Land Brandenburg wollte keinen Billigschallschutz für die Flughafenanwohner, sondern mehrere hundert Millionen Euro zusätzlich für einen vollumfänglichen Lärmschutz. Damit haben wir uns bei den anderen Flughafengesellschaftern durchgesetzt. Von der brandenburgischen CDU erwarte ich jetzt, dass sie ihren Einfluss beim Bundesverkehrsministerium geltend macht und nicht einfach nur dasteht und zusieht.

Warum hat es so lange gedauert, die SPD zu überzeugen?
Die Koalitionsfraktionen haben eine gemeinsame Entscheidung getroffen, eine gute Entscheidung für das Land Brandenburg. Es war ein steiniger Weg. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger setzen durchaus unterschiedliche Akzente bei der Bewertung von Lärmbelästigung für die Anwohner oder Nutzen für die Region. Das geht auch an den Koalitionsparteien nicht vorbei. Am Ende aber war in beiden Parteien klar: Ohne einen tragfähigen gesellschaftlichen Konsens läuft der BER nicht - und diesen Konsens gibt es nur mit gesicherter Nachtruhe. Da hat die SPD sich bewegt. Darüber sind wir sehr froh im Sinne der Menschen. Ein großes Dankeschön verdient auch unsere Abgeordnete Kornelia Wehlan. Sie hat gekämpft wie eine Löwin. Als ich ihr heute früh die gute Nachricht überbringen konnte, ich glaube, das war ein schöner Tag in ihrem Leben und auch für Teltow-Fläming. Ich habe jedenfalls einen ganz dicken Kuss von ihr bekommen.

Hätte die SPD nicht eingelenkt, hätte das die Koalition gesprengt?
Es gab tatsächlich Menschen, die spekuliert haben, dass die Koalition in Gefahr ist. Warum eigentlich? Die Koalitionspartner haben schon andere Hürden gemeinsam genommen, wie zum Beispiel die Absenkung des Rentenalters bei Justiz und Polizei.

Wenn die SPD sich nun aber überhaupt nicht bewegt hätte, was wäre dann gewesen?
Ich bin Optimist und deshalb davon ausgegangen, dass wir mehr Nachtruhe erreichen können. Die Anstrengung und die Ausdauer aller Beteiligten haben sich also gelohnt. Jetzt muss die nächste Hürde genommen werden. Wir wollen mehr Nachtruhe, nicht nur in Schönefeld, sondern bundes- und europaweit. Deshalb hat das rot-rote Kabinett gestern eine eigene Bundesratsinitiative gestartet. Das begrüße ich ausdrücklich.

Interview: Andreas Fritsche

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.