Mietspiegel: Mieter wollen mitreden

Beiräte von städtischen Wohnungsbaugesellschaften fordern mehr Rechte

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

In etwa drei Monaten wird der neue Berliner Mietspiegel erwartet. Der derzeit gültige löste 2011 mit einem Preisanstieg von acht Prozent innerhalb von zwei Jahren einen regelrechten Schock aus. Diesmal könnte nach Ansicht von Wohnungsmarktexperten der Anstieg sogar zweistellig ausfallen.

Kein Wunder, dass Mieter mehr Einfluss auf die Erstellung des Mietspiegels fordern. Mieterbeiräte der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge haben es bereits mit einer Petition an das Abgeordnetenhaus und offenen Briefen an Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) versucht, der jüngste ging Ende Januar raus. Darin appellieren u.a. Beiräte der Degewo, WBM sowie Stadt und Land an den Senator, »Möglichkeiten zu schaffen, dass die von den Mieterbeiräten angebotene Bereitschaft zur Mitarbeit in der Praxis der Mietspiegelerarbeitung auch Realität werden kann«.

Zwar sind die Berliner Mietervertretungen wie Mieterverein, Mietergemeinschaft und Mieterschutzbund an der Erarbeitung des Mietspiegels beteiligt, aber das reiche nicht aus, sagt Horst Baer, amtierender Vorsitzender des Mieterbeirats im Lichtenberger Wohngebiet Frankfurter Allee Süd. »Wir kennen uns im Wohngebiet am besten aus und wollen bei Veränderungen, die es betrifft, gehört werden.« Damit zum Beispiel Ungereimtheiten im Mietspiegel wie diese ausgeschlossen sind. Im Mietspiegel 2009 wurde ein langer Wohnblock in der Schulze-Boysen-Straße aus unerfindlichen Gründen in zwei Wohnlagen eingeteilt: die drei ersten Aufgänge als »einfache«, die mittleren als »bessere« und die letzten wieder als »einfache«. Die Howoge habe das sofort ausgenutzt und für die besser eingestuften Wohnungen höhere Mieten verlangt. »Wir haben das beim Senat moniert und eine einheitliche Einstufung verlangt. Dazu gab es aber nicht mal eine Antwort«, ärgert sich Baer.

Der Senat steht der Beteiligung der Mieterbeiräte ablehnend gegenüber. Bei der Vielzahl der regional organisierten Mietervertreter hält er dies für nicht umsetzbar. Außerdem sei die Erarbeitung des Mietspiegels bundesgesetzlich geregelt, die Einbeziehung einzelner Vertreter der Mieter nicht vorgesehen. Deren Interessen seien durch die Teilnahme der drei großen Mieterorganisationen gewahrt.

Ähnlich sieht das auch der Berliner Mieterverein. »Die Beteilung der Beiräte erweitert nicht das Spektrum der Mietermeinungen in dem Gremium, das den Mietspiegel erstellt«, so Geschäftsführer Reiner Wild. Zudem könnten dann auch Mieterinitiativen wie Kotti & Co oder einzelne Vertreter der Vermieterseite mehr Mitsprache verlangen.

Baer kann diese Argumente nicht nachvollziehen. »Natürlich wollen wir nicht alle 120 Mieterbeiräte, die es in der Stadt gibt und die immerhin jeweils 5000 Mieter vertreten, in die AG Mietspiegel schicken. Aber punktuell, wenn es um unsere Wohngebiete geht, wollen wir beteiligt werden.« Unterstützung bekommen die Beiräte dafür bisher nur von der Linkspartei. »Wenn die Selbstorganisationsgremien der Mieter einbezogen werden, wird die Erarbeitung des Mietspiegels transparenter«, so deren wohnungspolitische Sprecherin Katrin Lompscher. Der Antrag der Linksfraktion, einen Vertreter der Mieterbeiräte in die AG Mietspiegel aufzunehmen, fand im Abgeordnetenhaus allerdings keine Mehrheit.

Die Ablehnung ihrer Initiative ist für die Mieterbeiräte ein weiterer Beleg dafür, »dass wir nur geduldet werden«, so Baer. »Wir können die Betriebskostenabrechnung erklären oder bei Problemen mit dem Vermieter vermitteln, aber dann ist Schluss.« In anderen Städten wie München hätten Mieterbeiräte mehr Rechte, in Gießen gebe es sogar einen stadtweiten Beirat, und in Chemnitz könne er sich in seinem Wohnbereich auch in die Erarbeitung des Mietspiegels einbringen. »Wir brauchen eine verbindliche rechtliche Grundlage für unsere Arbeit«, fordert Baer.

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