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Duvalier brüskierte erneut das Gericht

Haitis ehemaliger Dikator »Baby Doc« ließ Anhörung platzen

  • Hans-Ulrich Dillmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Donnerstag sollte er endlich vor Gericht erscheinen: Haitis ehemaliger Diktator Jean-Claude Duvalier, der sein Volk nicht nur um Millionensummen an Geld betrogen hat.

Deutlicher konnte Jean-Claude Duvalier nicht ausdrücken, wie sehr er Haitis Gerichtsbarkeit missachtet: Trotz der Drohung von Richter Jean-Joseph Lebrun, ihn bei Nichterscheinen festnehmen zu lassen, versäumte »Baby Doc« erneut seine Anhörug vor dem Cour d'Appell, dem Berufungsgericht. Und um die Arroganz auf die Spitze zu treiben, versprachen Duvaliers Winkeladvokaten auch diesmal wieder hoch und heilig, ihr Mandant werde der nächsten Gerichtsladung ganz sicher folgen.

Allerdings vertagte sich das Richterkollegium diesmal nicht, ohne einen Haftbefehl zu erlassen. Er soll sicherstellen, dass Duvalier in einer Woche im Gericht anwesend sein wird. Dass der selbst ernannte »Präsident auf Lebenszeit« tatsächlich festgenommen wird, glauben in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince jedoch nur wenige.

Duvalier sollte sich am Donnerstag nicht nur zu den Vorwürfen der Korruption und der Veruntreuung von Staatsgeldern äußern. Noch am Montag hatte ein anderes Gericht entschieden, dass auch Menschenrechtsverletzungen während seiner 15-jährigen Herrschaftszeit Thema der Anhörung sein dürfen. Duvalier hatte das Armenhaus Lateinamerikas von 1971 bis 1986 regiert. Allein in dieser Zeit sollen 30 000 Oppositionelle verschwunden oder ermordet worden sein. Schon Jean-Clauds Vater François Duvalier, der Mediziner war und deshalb »Papa Doc« genannt wurde, hatte mit Hilfe von Terrortrupps das Land regiert.

Lediglich Vertreter haitianischer und internationaler Menschenrechtsorganisation hatten sich zum vorgesehenen Termin im Gerichtssaal versammelt, um der geplanten Befragung beizuwohnen. Danièle Magloire, Prozessbeobachterin vom haitianischen »Kollektiv gegen die Straflosigkeit« forderte nach dem Beschluss die sofortige Inhaftierung Duvaliers, der seit seiner Rückkehr aus dem französischen Exil vor zwei Jahren in einer Villa in der Umgebung von Port-au-Prince wohnt. Eigentlich steht er unter Hausarrest, aber darum schert er sich kaum. Es bestehe die Gefahr, dass sich Duvalier wie schon 1986 ins Ausland absetzt, sagte Frau Magloire. Der 61-Jährige besitze schließlich einen Diplomatenpass und könne jederzeit ausreisen. »Die Polizei muss ihn festzunehmen, Duvalier gehört vor Gericht.«

Auch die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), Navanethem Pillay, plädiert für ein Gerichtsverfahren. »Solche systematischen Verletzungen der Rechte dürfen nicht ignoriert werden«, wurde sie von der haitianischen Nachrichtenagentur Alterpresse zitiert. »Alle Haitianer, denen Unrecht getan wurde, haben das Recht, Gerechtigkeit zu verlangen.« Ein Verfahren gegen Duvalier sei »längst überfällig«.

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