NATO will Eingreiftruppe reaktivieren
Neuer Oberkommandeur der Allianz in Sicht
Da ist sie also wieder, die NATO Response Force (NRF). 2002 auf dem Gipfel der Allianz in Prag beschlossen, wurde danach überraschend zügig an Konzept und Struktur der Schnellen Eingreiftruppe des Nordatlantik-Paktes gebastelt. Auf dem Riga-Gipfel 2006 dann erklärte man die volle Einsatzbereitschaft der ständig zur Verfügung stehenden etwa 25 000 Soldaten aus Land-, See- und Luftstreitkräften. Doch schon ein gutes halbes Jahr später bezweifelte der damalige NATO-Oberbefehlshaber US-General Craddock genau das und kritisierte die mangelnden militärischen Fähigkeiten der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Kräfte. Schließlich wollte man im Fall der Fälle blitzschnell und hochflexibel weltweit intervenieren, obwohl wichtige politische und völkerrechtlich umstrittene Fragen wie der präventive Einsatz militärischer Gewalt oder Missionen ohne UN-Mandat noch gar nicht geklärt waren. Der Befehl zum Kampfeinsatz kam bisher aber noch nie. Am Donnerstagabend nun haben die NATO-Verteidigungsminister in Brüssel die Reaktivierung der Interventionstruppe beschlossen.
An ihren Manövern sollten künftig auch große Einheiten der US-amerikanischen Streitkräfte teilnehmen, die sich nur vorübergehend in Europa aufhalten. Die NRF müsse eine Schule der Zusammenarbeit werden, wie es Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen formulierte. Die Übungen des Paktes sollen anspruchsvoller werden sowie öfter und mit unterschiedlichen Szenarien stattfinden. Die Manöver der Zukunft seien der Versuch, bei weniger Auslandseinsätzen die Fähigkeiten der nationalen Streitkräfte zur Kooperation zu erhalten, heißt es in Brüssel. Der akute Geldmangel in den Militäretats der NATO-Staaten sei jedoch mit multinationaler Zusammenarbeit nicht umfassend zu beheben, so Rasmussen, der vor weiteren Kürzungen warnte.
Doch das ist nicht das einzige Problem des weltgrößten Militärbündnisses. Pentagon-Chef Leon Panetta hat am Freitag in Brüssel seinem deutschen Amtskollegen Thomas de Maizière widersprochen: Die USA planten nicht, künftig in Afghanistan mit bis zu 12 000 Soldaten präsent zu sein. Es sei bei den besprochenen Zahlen nicht um Washingtons Beitrag, sondern einen Gesamtwert gegangen. Auch hier also sollen die europäischen Mitglieder stärker zur Kasse gebeten werden, als die eigentlich wollen. Deutschland etwa müsse weiter im Landesnorden eine Rolle übernehmen. Der von der NATO geführte Kriegseinsatz der Afghanistan-Schutztruppe ISAF läuft Ende 2014 aus. Die Planungen für die anschließende Militärpräsenz haben sich wegen politischer Differenzen verzögert.
Dagegen scheint ein neuer Favorit für den traditionell mit einem US-General besetzten Posten des NATO-Oberkommandeurs gefunden zu sein, nachdem General John Allen auf die Spitzenfunktion in Brüssel verzichtet hatte: Wie die »New York Times« berichtete, soll es nun Philip Breedlove richten. Der 54-Jährige führt derzeit die Einheiten der US-Luftwaffe in Europa und Afrika.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.