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Im Maschinenraum der Energiewende
Wenn die Industrie nicht kommt, muss der Strom zu den Betrieben in Süddeutschland
Der Schneepflug fährt über die einsame Landstraße in der Lausitz, links und rechts türmt sich die Schneemassen. Wer hier nicht aufpasst, verpasst die Einfahrt zu einem der größten deutschen Solarparks. Vor dem Tor heißt es erst einmal warten, der Mann mit dem Schlüssel fehlt. Ein Schild warnt: »Vorsicht Starkstrom«. Doch die Stromproduktion hält sich an diesem Tag im Solarpark Meuro in Grenzen. Die über 300 000 Module sind schneebedeckt.
Brandenburg ist von der Agentur für erneuerbaren Energien zum dritten Mal in Folge mit dem »Leitstern« für die besten Bemühungen beim Ausbau von Windkraft, Solarstrom und Bioenergie ausgezeichnet worden. Ein Ausflug in den Maschinenraum der Energiewende zeigt die ganze Dimension der Herausforderungen durch die abrupte Kehrtwende nach Fukushima.
Nachdem der Schlüssel da ist, geht es hinein. Früher wurde hier Braunkohle abgebaut. Mit weiteren Solarfeldern nebenan ist hier eine Leistung von 168 Megawatt installiert. Die in endlosen Reihen auf dem ehemaligen Tagebau stehenden Solarmodule bedecken eine Fläche von 220 Fußallfeldern. Früher stand hier einmal das Dorf Sauo. Wenn die Sonne so richtig scheint, können mit dem Solarpark-Komplex rund um die Gemeinde Schipkau bis zu 80 000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Roy Werner, technischer Betriebsführer des Betreibers GP Joule, vergleicht die Lage im Winter mit einem Iglu. Dort sei es tagsüber auch drinnen hell. Wenn die Sonne durch den grauen Himmel durchscheint, fangen sich die Elektronen in den Solarmodulen an zu bewegen. Die Module stammen übrigens aus Kanada.
Die 2500 Wechselrichter zeigen an, dass etwas Strom produziert wird - etwa fünf Megawatt. Die oberen Ränder der Module sind frei, der Schnee schmilzt durch die Wärme. Martin Konzag vom Bauamt der Gemeinde muss auf die Frage, ob Schipkau etwas davon hat, nachdenken. Er sagt: »Hoffentlich fließen irgendwann einmal Gewerbesteuern.« Gewinn machen hier andere.
Direkt um die Ecke liegt der Lausitzring, ein sündhaft teures Prestigeprojekt, das anders als gehofft wohl niemals Formel-1-Rennen erleben wird. Zum Markenzeichen soll eine komplette Versorgung mit Ökostrom werden. Es gibt eine Biogasanlage, ein Solarcarport für 480 VIP-Autos und ein Windrat mit 7,5 Megawatt - das weltweit größte Modell mit einer Höhe von 198 Metern. Damit das Windrad es nicht absackt, musste das instabile Erdreich 68 Meter tief verfüllt werden.
Eine halbe Autostunde entfernt wird an der Technischen Universität Cottbus daran getüftelt, dass der ganze Ökostrom auch in den Rest der Republik transportiert werden kann: Im GridLab werden kritische Netzsituationen simuliert. Strömt viel Wind in das Netz oder fällt eine Leitung aus, können andere Leitungen schon mal gelb und rot werden - dann sind sie zu 120 Prozent belastet, und notfalls müssen Kraftwerke herunterfahren.
Neue Netze braucht das Land, und zwar schnell. Denn die Hoffnung von GridLab-Chef Hans-Peter Erbring wird sich wohl nicht erfüllen. »Es wäre schön, BMW und Mercedes nach Brandenburg zu holen, damit die Energie hier verbraucht wird, und nicht über weite Strecken in den Süden transportiert werden muss«, sagt er. Eine Lösung zur Milderung des Netzproblems wären Speicher für überschüssigen Wind- und Solarstrom. An der Technischen Universität in Cottbus wird an der Umwandlung des Ökostroms per Elektrolyse in Wasserstoff getüftelt. Daraus soll bei Bedarf dann wieder Strom erzeugt werden. Doch das ist kompliziert. Hans Joachim Krautz, Leiter des Lehrstuhls für Kraftwerkstechnik, kritisiert enormen politischen Druck auf die Wissenschaft. Erst habe man jahrelang die CO2-Verpressung erforschen sollen. Nun heiße es plötzlich bei den Ökostromspeichern: »Da muss jetzt ganz schnell was gemacht werden.«
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