DKP jetzt noch linker
Kampfabstimmung um Parteivorsitz
Am späten Samstagabend stieg ein Wölkchen weißer Rauch über »Klein-Moskau« auf. Die Delegierten der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) hatten in ihrer Hochburg Mörfelden bei Frankfurt am Main nach kontroverser Debatte einen neuen Parteivorsitzenden gewählt. Auf ihrem 20. Parteitag kürten sie den vormaligen Stellvertreter Patrik Köbele mit rund 60 Prozent zum Chef. Damit konnte er sich mit einer Kampfkandidatur gegen die bisherige Amtsinhaberin Bettina Jürgensen durchsetzen. In der Parteigeschichte gilt das als einmaliger Vorgang. Mit der Wahl Köbeles und eines neuen Vorstands haben sich die internen Kräfteverhältnisse deutlich zu Gunsten des linken Flügels verschoben.
Bislang dominierte eine Strömung, die auf eine Öffnung in Richtung der Linkspartei orientierte, während die neue Führung stärker auf Eigenständigkeit setzt. »Wir müssen unser Eingreifen in die Politik und die Mitgliedergewinnung wieder in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten rücken«, so Parteichef Köbele im Gespräch mit »nd«. Dass die Personalabstimmung mit einem Verhältnis von rund 90 zu 60 Delegiertenstimmen zu Gunsten der vormaligen Parteiopposition ausgingen, war in dieser Deutlichkeit nicht erwartet worden. Dennoch war der leninistische Flügel optimistisch in die Wahlen gegangen, nicht zuletzt, weil das Zentrum der Partei in den vergangenen Jahren spürbar nach links gerückt war. So zeigte etwa der baden-württembergische Landesverband ein gänzlich anderes Stimmverhalten als noch auf dem Parteitag 2008.
Zwar wurde das Ringen um die Vorherrschaft in der DKP erst am Wochenende entschieden, als Wendepunkt in der Auseinandersetzung hatte sich aber bereits der 19. Parteitag in Frankfurt am Main vor zwei Jahren herausgeschält. Damals hatten die Linken in den inhaltlichen Abstimmungen bereits die Nase vorne, in den Wahlen zum Parteivorstand konnten sie aber keine Mehrheit im Gremium erringen. Denkwürdig war seinerzeit der Auftritt des betagten Frankfurter Philosophen und langjährigen DKP-Chefideologen Robert Steigerwald, der erstmals der Parteiführung öffentlich sein Misstrauen aussprach. Steigerwald und weitere Vertreter des Zentrums waren besorgt, die DKP verliere ihre Orientierung auf Lenin'sche Prinzipien.
Zwar haben sich seit den Neunziger Jahren mehrere ideologische Strömungen herausgebildet, die zugespitzten Kontroversen auf den letzten Parteitagen drehten sich jedoch um die Praxis. Zentrales Streitthema war die Konzentration auf betriebs- und kommunalpolitische Themen, wie sie der linke Flügel gefordert hatte, was die damalige Parteiführung als Einschränkung der politischen Handlungsfähigkeit jedoch zurückwies. Diese Einschätzung bekräftigte der langjährige Vorsitzende Heinz Stehr, der am Sonntag wegen der neuen Mehrheitsverhältnisse seine Kandidatur zum Parteivorstand zurückzog.
Ein weiterer Kurswechsel wurde in der Haltung zur Europapolitik eingeläutet. Während der zweijährigen Amtszeit von Jürgensen näherte sich die DKP der Europäischen Linkspartei (EL) an und setzte auf eine europaweite Überwindung der politischen und ökonomischen Verhältnisse. Die langjährige Opposition sieht die EU dagegen als Austragungsort widerstreitender Kapitalinteressen, die es vorrangig auf nationalstaatlicher Ebene zu bekämpfen gelte.
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