»Erlangte Verstandsreife«
Jugendweihefeiern sind nach wie vor gefragt - in Sachsen nimmt rund die Hälfte der Schüler teil
Dresden. Schicke Kleider, Festreden und aufwendige Frisuren: Von Ostern an werden in Sachsen wieder Jugendweihe und Konfirmation gefeiert. Die meisten Jugendlichen im Freistaat entscheiden sich für einen feierlichen Übertritt in das Erwachsenenalter, ergab eine dpa-Umfrage. Vereine organisieren die Jugendweihe-Feierstunden und bieten zur Vorbereitung Workshops und Ausflüge an. Kirchen bereiten ihre Konfirmanden zwei Jahre lang mit Bibelunterricht vor.
Beim sächsischen Verband für Jugendarbeit und Jugendweihe laufen die Vorbereitungen: Rund 12 100 Anmeldungen liegen für die Feiern vor - knapp 300 mehr als 2012. Das liegt nach Einschätzung von Landesgeschäftsführer Matthias Hartmann an in Sachsen steigenden Schülerzahlen, aber auch an zunehmender Beliebtheit. »Die Feiern als Übergangsritual sind für Eltern und Jugendliche ein wichtiges Ereignis.« 2013 feiern etwa 45 Prozent der Jungen und Mädchen mit dem Jugendweihe-Verband. Hinzu kommen von Schulen, Vereinen oder Eltern organisierte Feiern. Hartmann geht insgesamt von rund 60 Prozent der Jugendlichen in Sachsen aus, die sich für eine Weihe entscheiden.
Nicht nur in Sachsen, auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern gibt es eine große Nachfrage nach Jugendweihefeiern.
In Mecklenburg-Vorpommern haben sich für die Feiern in diesem Frühjahr rund 6100 Mädchen und Jungen angemeldet, wie Wolfgang Langer, der Geschäftsführer des Vereins Jugendweihe Mecklenburg-Vorpommern, sagte. Das seien etwa 52 Prozent der 14-Jährigen im Land, so viele wie 2012. Auch in Thüringen wird in diesem Jahr fast jeder zweite Schüler an den Jugendweihe teilnehmen. Die Zahl der Anmeldungen liegt derzeit bei rund 7500, wie aus einer dpa-Umfrage hervorgeht. Der Verein Jugendweihe Berlin/Brandenburg hat bereits 3000 Anmeldungen für die anstehenden Feierlichkeiten. Gemessen an den Schülerzahlen sei die Teilnehmerzahl im Vergleich zu den Vorjahren konstant geblieben, sagte Sprecherin Sandra Scheffel. Im Berliner Friedrichstadtpalast organisiert der Humanistische Verband 14 große »Jugendfeiern« mit jeweils 200 Teilnehmern. (dpa/nd)
Die Jugendweihe hat eine mehr als 160 Jahre alte Tradition. Laut dem Bundesverband Jugendweihe Deutschland entstand sie als Fest für nicht konfessionell gebundene Jugendliche und deren Familien bei sogenannter »Erlangter Verstandsreife«.
Ob im Leipziger Gewandhaus, der Comödie Dresden oder im Ballhaus »Neue Welt« Zwickau - rund 250 Feiern stehen zwischen Ostern und Pfingsten auf dem Programm. Auf dem Land fallen sie allerdings oft eine Nummer kleiner aus. »Da feiern auch schon einmal 30 Leute im Gemeindehaus«, sagte Hartmann. Eins ist aber allen gemeinsam: Statt trockener Reden soll auch etwas für die Jugendlichen dabei sein. Die Angebote reichen von Live-Bands bis zu Tanz- und Programmeinlagen. Rund 120 Euro zahlen die Eltern für das Fest und offene Jugendarbeit.
Um auf den Schritt ins Erwachsenenleben vorzubereiten, organisiert der Verband auch Camps, Workshops oder Bildungsfahrten. Knapp 2700 Jungen und Mädchen haben sich allein für eine Besichtigung der Gedenkstätte Buchenwald angemeldet. »Man kann nicht sagen, dass die heutige Jugend nicht politisch interessiert ist«, sagte Hartmann.
Auch beim Dresdner Verein Roter Baum haben sich schon 400 Jugendliche für die Jugendweihe angemeldet. Fünf Veranstaltungen im Vorfeld sind Pflicht, darunter Diskussionsrunden mit dem Ausländerrat oder Führungen durch das Max-Planck-Institut. »Die Jugendlichen sollen sich mit einem Thema befassen, eine eigene Meinung bilden«, erklärte Mitarbeiter Willi Löffler. Denn das gehöre schließlich auch zum Erwachsenwerden.
Knapp 5000 Konfirmanden verbucht die evangelische Landeskirche, Zuwachs gibt es vor allem in Leipzig: 442 wollen in diesem Jahr den Sprung ins Erwachsenenleben kirchlich begehen - 56 mehr als 2012. »Für viele gehört es zur Tradition, anderen ist es ein Bedürfnis, sich als Christ öffentlich zu bekennen«, sagte Sprecher Matthias Oelke. In der Regel dauert die Konfirmandenzeit zwei Jahre, die Jugendlichen treffen sich regelmäßig zum Diskutieren und zum Bibelunterricht. Auch die Katholiken bereiten sich mehrere Monate lang auf diesen Schritt vor. Für eine Firmung entschieden sich 2011 in Sachsen knapp 900 Jugendliche.
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