Unerlaubte Flugobjekte
Bürgerinitiative weist Verstöße gegen Nachtflugverbot am Fraport nach
Gerichtliche Verfügungen werden in den Wind geschlagen, am Flughafen Frankfurt am Main wird auch weiterhin gestartet und gelandet ohne Rücksicht auf die Nachtruhe der Menschen in dieser Region. Die Beschwerden der Bürgerinitiativen bleiben ohne Konsequenzen.
Beispiel 23. Januar 2013: Bereits um 4.35 Uhr überquert das erste Flugzeug die Gemeinde Lorch am Rhein. Schon um 4.48 Uhr erreicht es Wiesbaden und um 4.45 Frankfurt. Um 4.51 Uhr drehen dann zahlreiche Maschinen in niedriger Höhe Wartschleifen über dem Rhein-Main-Gebiet, um gegen 4.55 Uhr über Hanau in den Endanflug überzugehen. Danach beginnt die Rush-Hour am Frankfurter Flughafen. Zieht man in Betracht, dass in derselben Nacht gegen 1 Uhr ein Flugzeug von der Startbahn West in Richtung Nürnberg gestartet ist und um 2.22 Uhr ein Jumbo B 744 aus Tokio auf der Centerbahn landete, kann man nicht mehr von der Einhaltung eines Nachtflugverbots sprechen. Dass es sich nicht um Ausnahmen handelt, belegt die Bürgerinitiative Sachsenhausen.
Der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger prüft, ob er am Frankfurter Flughafen in einem Neubau Arbeitsplätze aus der gesamten Rhein-Main-Region konzentrieren kann. Man sei mit dem Flughafenbetreiber Fraport in Verhandlungen über ein Grundstück im Gewerbegebiet Gateway Gardens, bestätigte ein Bilfinger-Sprecher gestern einen Medienbericht. Das vom früheren hessischen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch geführte Unternehmen will dort 1000 bis 2000 Beschäftigte unterbringen, die bislang in Frankfurt, Wiesbaden, Mainz und anderen Standorten verstreut sind. Davon unberührt seien die Planungen für die neue Bilfinger-Zentrale in Mannheim. (dpa/nd)
Seit dem 1. Januar hat es bereits 3486 nächtliche Starts und Landungen gegeben, davon 135 Flugbewegungen in der so genannten Kernnacht zwischen 23 und 5 Uhr - in dieser Zeit soll eigentlich nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig das Nachtflugverbot greifen. Das macht durchschnittlich knapp drei eigentlich verbotene Flüge pro Nacht.
Die Bürgerinitiative hat bereits kürzlich nachgewiesen, dass die Nachtflugbeschränkungen durch eine Vielzahl von Ausnahmegenehmigungen umgangen werden. Bis 24 Uhr dürfe sogar uneingeschränkt gelandet werden. Die Initiative fordert daher unter anderem eine Reduzierung der Flüge, einen Ausbaustopp für den Airport und ein Flugverbot von 22 bis 6 Uhr morgens.
Auf Unverständnis ist bei Bürgerinitiativen die Entscheidung der Fluglärmkommission gestoßen, nichts an der Südumfliegung zu ändern. Bei dieser Südumfliegung handele es sich um die größte »Lärmverschiebung«, die es hier in der Region gegeben habe, so Karsten Jacobs, Sprecher der Initiative gegen Fluglärm in Rheinhessen. Die Fluglärmkommission hatte sich dafür ausgesprochen, die seit Oktober 2011 bestehende Route beizubehalten. Dabei wurde mit Sicherheitsbedenken argumentiert und die Befürchtung geäußert, bereits stark belastete Gemeinden würden noch stärker »verlärmt.«
Der Mainzer CDU-Landtagsabgeordnete Wolfgang Reichel bezeichnete das Ergebnis der Fluglärmkommission als »ernüchternd, aber vorhersehbar.« Die rheinland-pfälzische Landesregierung sei auf der ganzen Linie gescheitert, nachdem die Kommission die Gutachten des Landes abgelehnt hatte. Im Mainzer Ortsteil Bretzenheim ist inzwischen eine Fluglärm-Messstation auf einer Schule offiziell in Betrieb genommen worden. Seit November seien hier bereits bis zu 83 Dezibel gemessen worden. Ab 60 Dezibel spreche man von Gesundheitsgefährdung, erläutert Katja Kollmus vom Bretzenheimer Arbeitskreis gegen Fluglärm. Bürger hatten 6500 Euro für die Messstation gespendet.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.