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Mehr Fahrgäste - zu wenige Züge

Die Berliner S-Bahn fährt zu selten pünktlich

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.

Zeit und Ort sind gut gewählt: Der Winter, größter natürlicher Feind der S-Bahn in den letzten Jahren, zieht sich für dieses Jahr endgültig zurück. Aus der Zentrale des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg (VBB) im zehnten Stockwerk eines Bürohauses am Zoo sieht man in kurzem Takt die rot-gelb-glänzenden Züge auf der Stadtbahn rollen. Von oben sieht alles gut aus. Aber wie ist es in den Zügen und auf den Bahnsteigen?

Der S-Bahnverkehr in Berlin und Brandenburg läuft stabil, die Fahrgastzahlen steigen. Seit der S-Bahnkrise, die im Jahr 2009 offen ausbrach, taugt dies bereits zur Nachricht. Die S-Bahn steht anders als in anderen Städten unter besonderer Beobachtung, wie Peter Buchner, Vorsitzender der Geschäftsführer der S-Bahn Berlin GmbH, gestern bemerkte.

Grund zur vollen Zufriedenheit ist der stabile Betrieb noch nicht, die Folgen der Krise sind nicht endgültig bewältigt. So fassten gestern Peter Buchner und Hans-Werner Franz, Geschäftsführer des VBB, die Fahrgastzahlen für 2012 zusammen. 395 Millionen Bahnfahrer zählte die S-Bahn im vergangenen Jahr in ihren Zügen, das sind 1,8 Prozent mehr als im Vorkrisenjahr 2008. Im Zuge der S-Bahnkrise waren die Fahrgastzahlen stark zurückgegangen. Züge und ganze Streckenabschnitte wurden stillgelegt und das Tochterunternehmen der Bahn musste nach Notfallplänen fahren. Zeitweise standen nur 165 sogenannte Viertelzüge für das Netz zur Verfügung. Probleme gibt es auch bei der Pünktlichkeit: Im Verkehrsvertrag sichert die S-Bahn 96 Prozent Pünktlichkeit zu, dieser Wert wurde in keinem Monat des vergangenen Jahres erreicht. Vier Prozent aller Fahrten fielen ganz aus, das ist der höchste Wert seit 2003. Dafür macht VBB-Chef Franz neben äußeren Ursachen wie Kabeldiebstahl oder Anschlägen auch die S-Bahn verantwortlich.

Die Züge sollen pünktlicher fahren, die betriebliche Qualität verbessert werden: Dieses Ziel gibt S-Bahn-Chef Buchner für 2013 aus. Mit dem vorhandenen Wagenpark aus den drei Baureihen 480, 481 und 485 dürfte dies schwierig werden: Zur Zeit werden zur morgendlichen Hauptverkehrszeit durchschnittlich 511 Viertelzüge eingesetzt, vertraglich vereinbart sind jedoch 562. »Alle vorhandenen Baureihen haben nicht die Stabilität , um die gewünschte Qualität zu erreichen«, erklärte Buchner.

Wie die Altbaureihen 480 und 485 ertüchtigt werden können, um nach 2018 zuverlässig fahren zu können, soll ein Expertenkreis im Auftrag des Senats und der S-Bahn klären. Das Eisenbahnbundesamt muss den Weiterbetrieb der Fahrzeuge genehmigen, für den Zeitraum der Umrüstung und Prüfung stünden sie für die Fahrgäste nicht zur Verfügung. Bis 2018 wird es keine Neubaufahrzeuge geben, obwohl sie wegen der anstehenden Netzerweiterung dringend benötigt werden. Schließlich sollen bald S-Bahnen auch zum neuen Flughafen BER sowie vom Hauptbahnhof auf den Nordring fahren. Für die Verzögerung bei der Ausschreibung für Neufahrzeuge ist laut dem Berliner Fahrgastverband IGEB der Senat verantwortlich. Der Fahrgastverband prognostiziert spätestens ab 2017 zusätzlichen Fahrzeugmangel.

Verkehr stabilisiert, bei der Qualität noch viel zu tun: Dies spiegelt auch die zweimal im Jahr ermittelte Kundenzufriedenheit wieder. Diese erhöht sich seit der Krise wieder, im Winter sinkt sie seit 2007 aber meist deutlich. Günstige Fahrpreise könnten diese steigern, stattdessen steht im August 2013 offenbar eine weitere Preiserhöhung für Fahrscheine im VBB an. Für die S-Bahn als eines von 40 Verkehrsunternehmen im Verbund erklärte Buchner, man werde »die Diskussion nicht treiben und sich raushalten.« Anders als die Züge dürfte die Preiserhöhung pünktlich kommen

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