Wiese wird zum »Designerpark«
Masterplan für Tempelhofer Feld vorgestellt / Baukosten in dreistelliger Millionenhöhe
Spielende Kinder, Radfahrer und Menschen, die wahlweise beim Picknick in der Sonne liegen oder sich vor selbiger im Schatten eines Baumes verstecken. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) ist am Mittwochabend in der Haupthalle am Tempelhofer Feld vor 500 Leuten um kein noch so idyllisches Hochglanzmotiv verlegen, um die Berliner für die Vorzüge des Masterplans zur Zukunft des einstigen Flughafengeländes zu begeistern.
Rund 460 Millionen Euro kostet das Bauprojekt, rechnet man alle bisherigen Planungen zusammen. Dabei entfallen 130 Millionen auf die Randbebauung, weitere 61 Millionen auf die Parkanlage sowie 270 Millionen Euro auf den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek.
Im Gegenzug versprechen die Architekten viel: Der vom schottischen Landschaftsarchitekturbüro Gross.Max geplante Park umfasst 230 Hektar und wäre damit größer als der Große Tiergarten. Ein noch für dieses Jahr geplantes Becken soll Regenwasser auffangen, das zur Bewässerung des Areals genutzt werden kann und zugleich als Badestelle dient.
Ebenso ist in diesem Jahr die Pflanzung von 260 Bäumen geplant. Eher in weiter Ferne liegt dagegen die Sanierung des Flughafengebäudes sowie der Start- und Landebahnen. Die Instandsetzung wird wohl nicht vor 2020 abgeschlossen sein. Wohn- und Gewerberäume sollen laut Plan auf drei Quartiere am Rand des Feldes verteilt werden. Der Schwerpunkt am Tempelhofer Damm liegt auf einem »Bildungsquartier«. Neben der Bibliothek sollen hier 1300 Wohnungen, vor allem für Studenten, entstehen. Weitere 1700 sollen im Quartier an der Oderstraße sowie 1200 am Südring gebaut werden. Senator Müllers Aussagen zufolge soll es sich dabei nicht um Luxuswohnungen handeln.
Wie die Finanzierung bezahlbarer Mieten aussieht, verrät von den Verantwortlichen auch auf Nachfrage niemand. Auch die Projektgegner bekommen Redezeit eingeräumt. »Es mangelt nicht an Wohnungen, es mangelt an bezahlbaren Wohnungen«, ruft Julius Dahms von der Initiative 100 % Tempelhofer Feld in den Saal hinein. Überhaupt könnten viele Berliner sich Wohnungen in Neubauten nicht leisten.
Stattdessen sollte man stärker auf die Instandsetzung von Altbeständen setzen. Dahms spricht aus, was wohl viele an diesen Abend denken. Er wirft dem Senat vor, dieser stelle die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen. Einen »Designerpark« lehnten die Berliner ab. Stattdessen würden sie lieber ihren »Antipark« behalten, wie ihn »kein Stadtplaner entwickeln könnte«. Wirklich beruhigen kann da auch die mehrfache Aussage Müllers nicht, es handelte sich beim Masterplan nur um eine erste Diskussionsgrundlage. Nicht nur einmal stand die Frage im Raum, warum der Senat mit seinen Tempelhof-Plänen nicht den sich anbahnenden Bürgerentscheid abwartet, bevor er mit der Umsetzung beginnt.
Skeptisch reagiert die Opposition auf die Baupläne. So forderte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek Senator Müller auf, sich aufeine ergebnisoffene Diskussion mit der Bevölkerung einzulassen.
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