Weiter Weg zur Fahrradstadt

Stellplätze und Geld fehlen: BUND stellte Fahrradplan vor

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

In der Mitte die Straßenbahn, auf vier Spuren Autoverkehr, Lieferwagen parken in zweiter Reihe, ein Radweg oder eine Radspur fehlen ganz: Kein Wunder, dass Tilo Schütz, Radverkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Berliner Allee neben dem Tempelhofer Damm und der Sonnenallee ohne Zögern nennt, wenn es um die fahrradunfreundlichsten Straßen in Berlin geht. Er ist auf allen selbst geradelt, um einen Radfahrplan des BUND für Berlin zu erstellen, der gestern präsentiert wurde. In ihm lassen sich einige der positiven und negativen Entwicklungen im Radverkehr der Hauptstadt in den letzten rund zehn Jahren ablesen.

In dieser Zeit wurde der Radverkehr vom Senat und den Bezirken viel stärker gefördert als zuvor, aus einem Flickenteppich von Radwegen entwickelte sich laut BUND ein Netz aus separaten Fahrradstreifen und asphaltierten Nebenstraßen. Mehr als 100 Kilometer Radstreifen sind seit dem Jahr 2000 neu entstanden, vor allem innerhalb des S-Bahnringes.

Der BUND zum Radverkehr in Berlin

● Vom Flickenteppich zum Netz: Von 2000 bis 2011 kamen über 100 Kilometer Radstreifen hinzu. Außerdem wurden Nebenstraßen asphaltiert, vorhandene Radwege saniert und beispielsweise Einbahnstraßen für Radler freigegeben.

● Starkes Gefälle: In den Innenstadtbezirken beträgt der Anteil der Fahrradfahrer am Verkehr zwischen 20 und 30 Prozent, in den Außenbezirken dagegen zwischen sechs und zwölf Prozent.

● Unterfinanzierte »Fahrradstadt«: Berlin gibt weniger als drei Euro pro Jahr und Einwohner für den Radverkehr (z.B. Ausbau und Sanierung) aus. Der Nationale Radverkehrsplan der Bundesregierung sieht indes für Investitionen in den Radverkehr eine Untergrenze von fünf Euro pro Einwohner und Jahr vor. SF

Die positiven Effekte der Radverkehrsförderung der letzten Dekade wirken nämlich fast nur in der Innenstadt: Während hier der Radverkehr bis zu 30 Prozent des Verkehrs ausmacht und mancherorts den Autoanteil überflügelt hat, liegt er in den Außenbezirken bei höchstens zehn Prozent. Um den Radanteil auch hier zu steigern, sind unter anderem mehr diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten für Räder an Bahnhöfen nötig. Damit würde kombiniertes Pendeln einfacher.

Die steigende Zahl der Zweiräder bringt aber auch Probleme mit sich: Gerade in den Altbauvierteln mangelt es schlicht an Abstellflächen für Fahrräder. Keller und Höfe sind häufig überfüllt, Gehwege durch wild angeschlossene Räder blockiert. Im Entwurf des »Masterplans Fahrradparken« des Senats vom Oktober 2011 sollten dafür noch Kfz-Stellplätze umgenutzt werden, im endgültigen Plan heißt es nur noch, dass dies »in Betracht gezogen werden kann«.

Auch wenn aus Sicht des BUND vieles besser geworden ist: »Die goldenen Jahre sind vorbei«, meint Martin Schlegel, Referent für Verkehrspolitik. Steigender Sanierungsbedarf an vorhandenen Radverkehrsanlagen bei gleichzeitiger Mittelkürzung und Stellenabbau in den zuständigen Senats- und Bezirksverwaltungen lassen den Weg zur »Fahrradstadt« in den nächsten Jahren schwieriger werden.

Gute Straßen für Radfahrer nennt Tilo Schütz am Ende auch, die Bergmannstraße in Kreuzberg und die Choriner Straße im Prenzlauer Berg. Auf diesen Fahrradstraßen haben Radler schließlich Vorrang vor dem übrigen Verkehr.

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