Einstieg in Ablösung der Staatsleistungen an Kirchen abgelehnt

Keine Mehrheit im Innenausschuss des Bundestags / SPD stimmt erst zu, um dann doch gegen Gesetzentwurf der Linksfraktion zu votieren

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (nd). Der Innenausschuss des Bundestags hat am Mittwoch mehrheitlich den Einstieg in die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgemeinschaften abgelehnt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Linksfraktion, mit dem diese unter anderem eine öffentliche Anhörung verlangt hatte, fand keine Mehrheit. Der religionspolitische Sprecher der Linksfraktion, Raju Sharma, sprach von einem »großen Fehler. Es wäre das mindeste gewesen, sich mittels einer öffentlichen Anhörung mit der Thematik unter Einbeziehung aller Beteiligten auseinanderzusetzen«.

Derzeit erhalten die Kirchen rund 460 Millionen Euro jährlich vom Staat. Diese Finanzierungen gehen auf den sogenannten Reichsdeputationshauptschluss von 1803 zurück, der die Enteignung und Säkularisierung kirchlicher Güter festlegte und mit dem sich die Landesherren verpflichteten, für die Besoldung kirchlicher Würdenträger aufzukommen. Dies gilt bis heute, obwohl eine Ablösung seit der Weimarer Reichsverfassung von 1919 möglich ist und Artikel 140 des Grundgesetzes eine bundesrechtliche Neuregelung verlangt, die bisher aber nicht vorgelegt wurde.

»Wir haben es bei der Ablösung der Staatsleistungen mit einem Verfassungsauftrag zu tun, der seit über 90 Jahren nicht erfüllt wurde«, erklärte Sharma nach der Entscheidung des Innenausschusses. Die Initiative der Linksfraktion sei »der bisher einzige Vorschlag, der diesen Zustand endlich aufheben kann«. Unlängst hatten Medienberichte die Hoffnung genährt, dass es im Bundestag doch eine Mehrheit für diesen Schritt gibt.

Deutliche Kritik übte Sharma am Verhalten der SPD. Diese hatte dem Vernehmen nach im Innenausschuss dem Antrag der Linksfraktion zunächst zugestimmt, dann aber eine Wiederholung der Abstimmung beantragt, um die Initiative doch noch abzulehnen. »So geht man nicht mit unserer Verfassung um«, sagte Sharma. »Zumal die SPD mit ihrem Verhalten ihre Orientierungslosigkeit bei dem Thema unter Beweis gestellt hat: Erst antäuschen und dann wegducken.«

Auch Organisationen wie die Humanistische Union machen sich seit langem für eine Ablösung der Staatsleistungen stark. Aus deren Sicht wäre mindestens »eine Anhörung von Sachverständigen geboten« gewesen, da bei der ersten Beratung des Linken-Antrags »zahlreiche Missverständnisse und Fehlinformationen« aufgetreten seien. »Offensichtlicher kann man seine gesetzgeberischen Verpflichtungen kaum ignorieren, als es zahlreiche Abgeordnete bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs erkennen ließen«, kritisierte Rosemarie Will vom Bundesvorstand der Humanistischen Union. Der ersten Lesung Ende Februar waren zahlreiche Abgeordnete ferngeblieben - und hatten stattdessen am Gottesdienst für den scheidenden Papst teilgenommen.

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