Zweifelhafte Zinsen aus Zypern

Streit um das Anlegen von Geld für die Beamtenpensionen

  • Andreas Fritsche und Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 5 Min.
Ist eine zypriotische Staatsanleihe vorsichtig oder riskant angelegtes Geld? Koalition und Opposition sind sich darüber nicht einig. Am 11. April geht der Streit im Haushaltsausschuss des Landtags weiter.

Die Lehrer, die Polizisten und alle anderen Beamten dürfen sicher sein, später ihre Pension zu bekommen. Sie haben einen Rechtsanspruch darauf. Das Land muss sie im Alter versorgen, ganz egal, ob es sich nun mit einer zypriotischen Staatsanleihe verzockt hat oder nicht. Aber auch das ist noch längst nicht raus.

Beamte zahlen nicht in die Rentenversicherung ein. Ihre Pensionen finanziert der Staat normalerweise aus den laufenden Steuereinnahmen. Brandenburg hat jedoch in absehbarer Zeit mehr Beamte im Ruhestand als im Dienst. Um die große Pensionslast tragen zu können, sorgt das Land vor. Es baut seit 2009 einen Fonds auf. Mit 238 Millionen Euro ging es los. Jährlich werden weitere Summen zugeführt und das bereits vorhandene Geld vermehrt sich durch Zinsen. 290 Millionen Euro sind mittlerweile beisammen. Schon ab 2020 könnte Geld entnommen werden und ab 2035 soll ein Großteil der Pensionen aus dem Fonds beglichen werden.

Die Millionen werden nicht einfach deponiert, sondern angelegt - vor allem in verschiedenen Staatsanleihen, aber auch in Unternehmensanleihen. So steckte Brandenburg auch Geld in eine halbstaatliche brasilianische Erdölfirma. Die dazu gehörige Anleihe wurde herausgegeben auf den Kaimaninseln. Gegenwärtig steht eine zypriotische Staatsanleihe im Blickpunkt. 1,9 Millionen Euro legte das Finanzministerium im Jahr 2010 auf der mittlerweile vor dem Bankrott stehenden Mittelmeerinsel an. Doch damals bewerteten Ratingagenturen Zypern noch mit der positiven Note AA. Nach den Richtlinien des Pensionsfonds sind Anlagen bis herab zur weniger guten Note BBB erlaubt. Bislang hat die betreffende Staatsanleihe zweimal 150 000 Euro Zinsen abgeworfen. Ihr Wert liegt gegenwärtig im Minus. Doch diesen Verlust würde das Finanzressort nur machen, wenn es die Anleihe jetzt verhökern wollte. Doch das hat es nicht vor. Es will warten bis zur Fälligkeit der Anleihe am 1. November 2015 und würde dann die kompletten 1,9 Millionen zurück erhalten. So läuft es bei Staatsanleihen, darum gelten sie als besonders sichere Anlage.

Miese habe man bei Staatsanleihen noch nie gemacht, versichert Markovs Pressereferent Thomas Vieweg. Er betont: »Wir spekulieren nicht. Wir investieren nicht in Aktien und nicht in Hedgefonds.« Es werde auch nicht gekauft und bei kurzfristigem Kursgewinn schnell verkauft, sondern in der Regel bis zur Fälligkeit der Anleihe gewartet.

Bislang fuhr das Land damit ausgezeichnet. 2011 strich es 5,6 Millionen Euro Zinsen für den Pensionsfonds ein und im vergangenen Jahr 6,9 Millionen. Das waren 200 000 beziehungsweise 800 000 Euro mehr als vorgesehen. Insgesamt kamen seit 2009 bereits 28,6 Millionen Euro herein. Veranschlagt hatte man vorher lediglich 11,2 Millionen. »Man sieht an den Ergebnissen, dass es gut gelaufen ist«, stellt Vieweg fest.

Angesichts der Zahlen wäre es zur Not zu verschmerzen, wenn der Finanzminister die 1,9 Millionen Euro wegen eines völligen Zusammenbruchs in Zypern abschreiben müsste. Damit rechnet er allerdings nicht. Markov verweist auf die Finanzkrise in Irland und auf irische Staatsanleihen, die sich danach wieder erholt haben.

Kein anderes Bundesland besitzt derzeit zypriotische Staatsanleihen. Aber andere Länder legten durchaus Geld in anderen krisengeschüttelten EU-Staaten an, etwa in Griechenland. Manche Länder scheuen sich auch nicht davor, Aktien zu erwerben. Von den Anleihen, die Brandenburg in acht EU-Staaten für insgesamt zwölf Millionen Euro kaufte, sind 4,4 Prozent während der Laufzeit herabgestuft worden.

Die Opposition will am 11. April im Haushaltsausschuss über die zypriotische Anleihe reden. CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski zufolge handelt es sich bei solchen Anlagen um eine Art »Glücksspiel«. Das sei ein Problem, auch wenn es gelingt, dem Ganzen eine positive Wendung zu geben. Die FDP spricht von »Zockerallüren«, der CDU-Abgeordnete Ludwig Burkardt von einem »viel zu hohen Risiko«.

Es seien nicht einmal 0,7 Prozent des Pensionsfonds in Zypern investiert worden, entgegnete Linksfraktionschef Christian Görke. Richtig sei, dass im Zuge der jüngsten Entwicklung die Zypern-Anleihe kurzzeitig 25 Prozent ihres Wertes verloren habe, bestätigte er, bezeichnete das aber als »Momentaufnahme«. Denn es habe sich nach der Einigung zwischen der EU und Zypern der Kurs auch wieder erholt. Abgerechnet werde 2015. Görke kritisierte, dass die Vorgängerregierung aus SPD und CDU »keinen Cent« Vorsorge für die Altersbezüge der vielen Beamten getroffen habe. Mit der Regierungsbeteiligung der LINKEN sei damit überhaupt erst einmal begonnen worden. Der Fonds werde »gemanagt wie in anderen Bundesländern auch«, unterstrich Görke. Im Unterschied zu diesen anderen Ländern, wo die Anlagestrategien »top secret« seien, gehe Brandenburg transparent damit um.

Es gehe nicht darum, ob die Summe eine große oder eine kleine sei, erwiderte Dombrowski. »Entscheidend ist das Signal.« Und im Finanzministerium werde offenbar die Position vertreten, dass unsichere Anlagen gute Anlagen sind oder vielleicht werden können. Er werbe dafür, lieber auf ein halbes Prozent Gewinn zu verzichten, aber auf der sicheren Seite zu sein, erklärte Dombrowski.

Dazu wiederum meinte Linksfraktionschef Görke, wer könne schon sagen, was sicher sei. »Wer weiß, ob morgen französische Anleihen sicher sind oder übermorgen britische?« Es könne überall »sehr schnell eine neue Situation entstehen«.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel forderte einen Ethikrat. Nach norwegischem Vorbild sollte dieser Ethikrat die Landesregierung bei der Geldanlage beraten und auf Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien achten. Vor dem Hintergrund »hoch riskanter« Anleihen Brandenburgs in »Steueroasen« wie den Kaimaninseln und in ökologisch fragwürdige Papiere wie bei Petrobras in Brasilien sei die »Ergänzung der klassischen Kriterien Rentabilität, Liquidität und Sicherheit um ökologische, soziale und ethische Aspekte« für den Pensionsfonds »notwendig«, meinte Vogel. Er regte auch an, die Gelder zu einem größeren Teil in Brandenburg selbst anzulegen.

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