Atelierhaus vor dem Abriss?

Künstler müssen bangen

  • Lesedauer: 2 Min.
Knapp 90 KünstlerInnen arbeiten momentan im Atelierhaus Prenzlauer Promenade. Nun soll das Bürogebäude, in dem früher einige Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR beheimatet waren, auf Beschluss des Finanzsenats abgerissen werden. HERBERT MONDRY ist Vorsitzender des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlin und entsetzt...

nd: Die Senatsverwaltung für Finanzen plant angeblich, das Gebäude abzureißen. Hat man mit Ihnen vorher über diesen Beschluss gesprochen?
MONDRY: Diese Entscheidung hat uns wie ein Blitz getroffen. Die Information haben wir auch nur aus der Kulturverwaltung bekommen, ohne großen Kommentar. Der Bezirk Pankow und die Kulturverwaltung hatten sich bereits im Vorfeld für den Erhalt des Hauses starkgemacht. Angeblich sind ihnen aber die Hände gebunden. Das erstaunt mich allerdings, denn Kulturstaatssekretär André Schmitz und Ephraim Gothe, Staatssekretär für Stadtentwicklung, beide Befürworter des Ateliers, sitzen mit Herrn Nußbaum auch im Steuerungsausschuss.

Stünden den Künstlern denn alternative Objekte in Aussicht?
Ausweichmöglichkeiten in der Größenordnung gibt es nicht. Große Teile des Liegenschaftsfonds sind verkauft. Wir sind mit dem Fonds zwar dauerhaft im Gespräch, aber für die 90 Künstler - und der Bedarf ist wesentlich größer - gibt es keine Alternative. Sicherlich gebe es über das Ateliersofortprogramm die Möglichkeit für 15 bis 20 Künstler andernorts unterzukommen, aber das ist kein Ersatz.

Wie haben denn die Künstler diesen Entschluss aufgenommen?
Die wissen noch gar nicht Bescheid! Wir sind gerade dabei, Mitteilungen zu verschicken, sonst erfahren sie es aus der Zeitung. Wir mahnen aber dazu, Ruhe zu bewahren.

Aber Protest wird es sicherlich geben, oder?
Natürlich. Ich kann den Künstlern nur raten, dort zu bleiben, zur Not müssen sie sich raustragen lassen. Wir sollten uns alle gemeinsam dafür einsetzen, dass das Atelierhaus erhalten bleibt, sonst stirbt die Kunst in Berlin nach und nach aus.

Ein düsterer Ausblick.
Das wäre in der Tat ein großes Problem. Es gibt viel weniger Atelierräume als früher, gleichzeitig sind die Mietpreise für Künstler unbezahlbar. 50 Prozent der Mittel für die Bildende Kunst sind in den letzten 20 Jahren gestrichen worden. Die Kunstmesse Art Forum gibt es nicht mehr. Vieles rückt aus der Stadt ab, was sie einst zur Kunstmetropole gemacht hat. Will Berlin das ernsthaft verspielen?

Fragen: Christin Odoj

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