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Für eine andere Rekommunalisierung

  • Michael Schäfer, Experte für Klimaschutz und Energiepolitik der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus
  • Lesedauer: 4 Min.

Um die Zukunft der Energie und der Stromnetze findet derzeit in Berlin eine der spannungsgeladensten politischen Debatten statt. In den vergangenen Wochen ging »nd« deshalb der Frage nach, wie es mit der Konzession der Stromnetze und der möglichen Gründung eines eigenen Stadtwerkes in Zukunft weitergehen soll. Den vierten, und vorerst letzten Teil dieser Serie bestreiten die GRÜNEN.

Bitte nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit dafür, sich über Ihre Stromrechnung zu ärgern. Denn Sie zahlen nicht nur Ihren eigenen Strom, sondern Sie bezahlen auch mit für viele große Unternehmen. Einen durchschnittlichen Haushalt kostet es 35 Euro im Jahr, dass die Bundesregierung viele Großunternehmen von Investitionskosten in neue Ökostromanlagen und -netze befreit hat, obwohl diese davon profitieren, dass die Preise an der Strombörse durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sinken. Die Kosten dafür hat die Bundesregierung den Verbraucherinnen und Verbrauchern und den kleinen und mittleren Unternehmen aufgeladen.

Mit einem Votum für den Erhalt dieser Industrieprivilegien begannen SPD und CDU am Montag die Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus. Es war eine dieser Sitzungen, in der die Große Koalition ungerührt von Argumenten ihre Macht durchsetzte. Das geht dann so: Linksfraktion beantragt: Berlin soll sich für ein Verbot von Stromsperren einsetzen. SPD sagt (zu Recht): Verbieten geht rechtlich nicht, man kann sie nur erschweren. Grüne beantragen: Dann soll der Senat wenigstens aufschreiben, wie er Stromsperrungen in Zukunft verringern will. Koalition lehnt ab. 19 000 Haushalte waren in Berlin letztes Jahr betroffen. Bitte ärgern Sie sich über die Energiepolitik der Großen Koalition! Am besten so stark, dass Sie etwas dagegen tun wollen.

Denn es ist ein Kraut gegen Große Koalitionen gewachsen: der Volksentscheid. Deshalb sammeln der Berliner Energietisch und die Opposition derzeit Unterschriften für das Volksbegehren »Neue Energie für Berlin - demokratisch, ökologisch, sozial«. Bis zum 10. Juni wollen wir 180 000 gültige Unterschriften zusammentragen.

Wir Grüne unterstützen dieses Volksbegehren, weil es dazu führt, dass Berlin ein Stadtwerk gründet, das in erneuerbare Energien und Energieeffizienz investiert. Wir wollen, dass dieses Stadtwerk die öffentlichen Gebäude in Berlin als Ressource für den Klimaschutz nutzt. Es soll den Energieverbrauch der öffentlichen Gebäude verringern, es soll die Erdwärme unter öffentlichen Liegenschaften nutzen und die Sonne auf den Dächern. Diese Investitionen lohnen sich auch wirtschaftlich: Während jeder Euro, den wir für Öl, Kohle und Gas ausgeben, aus Berlin abfließt, werden von diesen Investitionen des Klimastadtwerks viele Berliner Handwerkerinnen und Handwerker profitieren.

Wir wollen das Stromnetz endlich vom Grundversorger Vattenfall trennen. Denn Vattenfall möchte möglichst viel Kohlestrom in Berlin verkaufen, während der Netzbetreiber die Netze in Zukunft dafür fit machen muss, dass immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien in Berlin genutzt werden kann.

Der Energietisch möchte, dass das Land Berlin das Stromnetz kauft und betreibt. Ich glaube nicht, dass gerade in Berlin der Staat unbedingt der bessere Unternehmer ist, das zeigt ja leider wieder die Flughafengesellschaft. Und mit der Landesbank Berlin haben CDU und SPD Milliarden von Steuergeldern verzockt. Deshalb bin ich für eine andere Form der Rekommunalisierung des Stromnetzes: Die Berlinerinnen und Berliner selbst sollen es besitzen und betreiben. Das ist das Ziel der »Bürger Energie Berlin«, einer Genossenschaft, die Teile der Rendite aus dem Netzbetrieb wieder in die Energiewende investieren will. Auch das könnte eine landeseigene Netzgesellschaft zunächst nicht tun, da sie aus den Einnahmen Zins und Tilgung des kompletten Kaufpreises refinanzieren müsste. Aber um das Netz schrittweise in Bürgerhand geben zu können, muss das Land es erst mal haben. Auch deshalb lohnt es sich, jetzt das Volksbegehren zu unterstützen.

Bitte besorgen Sie sich ein paar Unterschriftenlisten. Wenn Sie keine Möglichkeit haben, sie sich aus dem Internet auszudrucken (berliner-energietisch.net), schicken wir Grüne sie Ihnen gern zu: 030-6150050. Bitte stecken Sie sie sich in die Jacke und zücken Sie die Liste, wenn Sie Kollegen, Nachbarn oder Freunde treffen. Für eine demokratische, ökologische und soziale Energiepolitik.

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