Chaos vor dem Piratenparteitag

Mitglieder diskutieren Neuaufstellung des Vorstandes und Bundeswahlprogramm

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Wird die Piratenpartei ihren Politischen Geschäftsführers abschaffen statt bloß den derzeitigen Amtsinhaber Johannes Ponader loszuwerden? Wahlkampfchef Matthias Schrade spricht von einer »nicht völlig abwegigen Debatte«. Dabei sollte sich die Partei doch eigentlich für den Bundestagswahlkampf vorbereiten.

Knapp 150 Tage vor der Bundestagswahl und zwei Wochen vor ihrem Bundesparteitag, hat die junge Partei mit manifesten Problemen zu kämpfen. Nur noch schlaff weht der Wind in die einst prall aufgeblasenen Segel des Piratenschiffs. Immer wieder im Zentrum der innerparteilichen wie öffentlichen Kritik: Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer der Piraten auf Bundesebene, der zwischenzeitlich sein Amt zur Verfügung stellte. Auf dem am übernächsten Wochenende im bayrischen Neumarkt stattfindenden Parteitag muss die Partei erst einmal ihren Bundesvorstand komplettieren.

Nicht weniger als ein Drittel der neun erst 2012 berufenen Bundesvorstände hat zwischenzeitlich hingeworfen: Neben Ponader waren dies die Beisitzer Matthias Schrade und die außerhalb der Partei populäre Julia Schramm. Doch damit einzelne Vorstandsmitglieder überhaupt nachgewählt werden dürfen, muss zunächst die Parteisatzung geändert werden. Danach müssten auch die Nachwahlen selbst gelingen. Beides auf dem selben Parteitag. Das jedoch ist eine Herausforderung: Für die Debatte über die künftige Form des Vorstands und die Besetzung der Posten ist lediglich der Freitag veranschlagt.

Währenddessen wird in der Partei offenbar ernsthaft darüber diskutiert, nicht nur auf Ponader als Amtsinhaber zu verzichten, sondern gleich ganz auf das Amt des Politischen Geschäftsführers. Drei Satzungsänderungsanträge haben dies zum Ziel. Sie unterscheiden sich nur im Detail: Der Geschäftsführer soll entweder ersatzlos wegfallen, durch einen weiteren Beisitzer oder aber einen weiteren stellvertretenden Vorsitzenden ersetzt werden.

Zwar würden nicht Hunderte Piraten in nächtlichen Gremiensitzungen darüber diskutieren, es seien aber auch »nicht nur ein paar Leute« in die Debatte involviert, bestätigt Ex-Vorstand und Wahlkampfchef Schrade im Gespräch mit nd. Die Debatte sei jedenfalls »nicht völlig abwegig«.

Das Bad mit dem Kinde ausschütten? Dabei plagen die Partei ganz andere Sorgen. In Umfragen dümpelt sie eher bei zwei oder drei als nahe bei fünf Prozent. Sie hat nach offiziellen Angaben seit August letzten Jahres 2000 Mitglieder verloren, auch wenn sie mit gut 32.000 Parteipiraten die stärkste nicht im Bundestag vertretene Partei bleibt. Doch nur 40 bis 50 Prozent der Mitglieder zahlen ihre Beiträge.

Die Vorstandsnachwahl durch Satzungsänderung ermöglichen, Posten neu besetzen oder ganz abschaffen oder ersetzen - ein strammes Programm. Wahlkampfchef Schrade zeigt sich dennoch zuversichtlich: »Aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir in Neumarkt die drei vakanten Vorstandsposten neu besetzen können.« Auch habe sich »das basisdemokratische Prinzip« der Piraten bewährt.

Zeitliche Verzögerungen durch überlange Personaldebatten können die Piraten sich jedenfalls kaum leisten. Soll der Parteitag ihnen doch zu allererst ein Bundestagswahlprogramm bescheren. Und zudem weitere Satzungsänderungen, wenn es nach dem Geschmack manches Piraten geht. Ganze 834 Seiten ist das Antragsheft für den Neumarkter Parteitag dick. So soll unter anderem ein »Mindestbetrag für Spenden« in der Satzung verankert werden. Parteimitglied »Alfred1989« beantragt: »Es werden nur noch Spenden, deren Betrag höher als fünf Euro ist, zugelassen.«

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