Egon Bahr will »auf keinen Fall« eine Große Koalition

SPD-Urgestein verteidigt Agenda-Politik, über aber auch Kritik: Man habe die Gerechtigkeit aus den Augen verloren

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (nd). Der langjährige SPD-Politiker und frühere Bundesminister Egon Bahr hat die Agenda-Politik der Sozialdemokraten verteidigt, zugleich aber Kritik daran geübt, dass in der Regierungspolitik der Partei die „Gerechtigkeit für die kleinen Leute“ aus den Augen verloren wurde. Bahr sagte im „Deutschlandfunk“, er sei noch immer „fest davon überzeugt, dass es richtig und notwendig gewesen“ sei, die Agenda 2010 auf den Weg zu bringen. Sein Rat damals sei aber gewesen, dass, „wenn es nötig ist, den Gürtel enger zu schnallen, muss die Gerechtigkeit größergeschrieben werden“. Das habe die SPD zeitweilig aus den Augen verloren.

Bahr zeigte sich überzeugt, „dass das jetzt korrigiert worden ist“. Er hoffe, „dass die Menschen das merken“. Einen Widerspruch zwischen sozialdemokratischen Bemühungen um Kurskorrektur und der Politik des Spitzenkandidaten Peer Steinbrück sieht Bahr nicht. „Wenn er sich äußert so wie er sich jetzt äußert, ist das ein Zeichen dafür, er ist glaubwürdig“, so das SPD-Urgestein. Man könne sich im Übrigen „keinen idealen Kanzlerkandidaten malen“, es würden Politiker für solche Aufgaben nominiert, „die wie immer erst, wenn sie das Amt haben, zeigen, ob sie es können“.

Bahr wandte sich in dem Interview zudem strikt gegen einen erneuten Eintritt der SPD in eine Große Koalition. Er sei sich mit Helmut Kohl darüber „völlig einig“ gewesen, „dass im Prinzip im Interesse der Stabilität unseres Staates es richtig wäre, wenn die beiden großen Parteien sich abwechseln in der Verantwortung und die Regierung mit einem weiteren Partner jeweils bilden“. Er selbst sei „ein prinzipieller Gegner der Großen Koalition“, sagte der 91-Jährige, der als Architekt der neuen Ostpolitik der SPD gilt und von 1972 bis 1976 selbst Minister von Bundesregierungen war. Er habe außerdem erlebt, dass die Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel seit 2005 „dazu geführt hat, dass die CDU stärker wird und die SPD schwächer“. Auch deshalb sage er: „Auf keinen Fall eine Große Koalition.“

Unterdessen hat auch der frühere SPD-Kanzler Helmut Schmidt die Agenda-Politik von Gerhard Schröder gelobt. Dem „Spiegel“ sagte Schmidt, die so genannten Reformen seien „notwendig“ gewesen, „weil das Land sie brauchte; nicht weil die Partei sie brauchte“.

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