Im Land der Sonntagsruhe
Thüringens Behörden haben nur wenige Anzeigen wegen Lärms zu bearbeiten
Mühlhausen/Gera/Eisenach. Rasenmäher, Kreissägen und Betonmischer stehen an Sonn- und Feiertagen zumeist still. Die Thüringer halten sich an die Sonntagsruhe, die im Thüringer Feiertagsgesetz festgeschrieben ist, wie eine dpa-Umfrage in Kreisen und größeren Städten ergab. Anzeigen wegen Lärms sind die Ausnahme.
In Kreisen wie Gotha und Eichsfeld gibt es überhaupt keine Beschwerden oder Anzeigen. Vereinzelt müssen sich die Ordnungsämter in den Kreisen Schmalkalden-Meiningen und Unstrut-Hanich sowie in Gera und Eisenach mit Ruhestörungen auseinandersetzen.
»Sonntags darf kein Rasenmäher laufen«, sagt Horst Busch, Leiter Fachdienstes Sicherheit und Ordnung im Landratsamt Unstrut-Hainich. Das sei in der 32. Maschinen- und Gerätelärmverordnung geklärt, sie hieß früher »Rasenmäherlärmschutzverordnung«. Zumeist beschwerten sich Nachbarn, wenn in der Wohnung nebenan gefeiert wird. Zuerst fordert die Polizei zur Einhaltung der Nacht- oder Sonntagsruhe auf. Hilft das nicht, werden auch mal Geräte beschlagnahmt. Es drohen Bußgeldverfahren und die Zahlung von 100 bis 150 Euro. Bei Mehrfachtätern könnten bis zu 500 Euro verhängt werden. Weitaus seltener beschweren sich Bürger über Baulärm. Oft seien Nachbarschaftsstreitigkeiten ein Grund.
In Gera gab es von 2010 bis 2012 elf Verfahren wegen Verstößen gegen das Feiertagsgesetz. Sie wurden mit Bußgeldern zwischen 35 und 250 Euro geahndet. In zwei Fällen war ein Gaststättenbetrieb am Totensonntag und am Karfreitag nicht angemeldet. 35 Euro Verwarngeld musste eine Person 2011 zahlen, weil sie zu Pfingsten Handwerksarbeiten durchführte: Die Nachbarn fühlten sich vor allem durch das Abkratzen der Tapete gestört.
In Eisenach gibt es im Schnitt pro Jahr vier bis fünf Beschwerden wegen Störung der Sonntagsruhe, berichtet Stadtsprecherin Janina Walter. Zumeist geht den Nachbarn der Lärm von Rasenmäher, Kreissäge oder Holzhacken aufs Gemüt. Zehnmal beschwerten sich zudem Anwohner wegen lauter Feiern von Samstag auf den Sonntag. Die Zahl sei über Jahre konstant. Im katholisch geprägten Eichsfeld sind dem Ordnungsamt keinerlei Verstöße gegen das Feiertagsgesetz bekannt. »Dies begründet sich wohl auch aus der christlichen Prägung des Eichsfeldes und der damit verbundenen Achtung der Feiertage und des Sonntags«, erklärt Kreissprecherin Ingelore Hennecke. Auch im Landkreis Gotha wurden nach Auskunft von Sprecher Adrian Weber wegen fehlender Anzeigen seit Jahren keine Ordnungswidrigkeitsverfahren zur Sonntagsruhe nach dem Feiertagsgesetz durchgeführt.
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