Zurück aus der Werbepause
Online-Medien appellieren an Leser, Werbeanzeigen zuzulassen
Was ist da los auf "Spiegel Online"? Steht der Spiegel-Verlag vor der Insolvenz und bittet verzweifelt um Spenden? Warnt der rote Kasten etwa vor gravierenden Sicherheitsgefahren bei Betreten der Website? Hat sich hier eine dubiose Gruppe eingehackt, die Penisverlängerungen für die Hinterlegung von Kontodaten in Aussicht stellt?
Das Ziel hinter dem Hinweis, der sich seit Montag auf zahlreichen Nachrichten-Webseiten befindet, ist weit weniger spektakulär: Ein kleines Programm, welches Werbeanzeigen automatisch ausblendet, soll ausgeschaltet werden. Mit einem mal mehr, mal weniger dezenten Aufruf appellieren "Faz.net“, „Golem.de“, „rp-online“, „Spiegel Online“, „Süddeutsche.de“ und „Zeit Online“ an die Fairness ihrer Leser: „Wir finanzieren unseren Journalismus im Internet vor allem durch Anzeigenerlöse und sind essentiell darauf angewiesen. Ich bitte Sie daher, Ihren Adblocker zumindest für unsere Seite zu deaktivieren“, liest man etwa vom Chefredakteur von "Süddeutsche.de", Stefan Plöchinger.
Adblocker sind kleine Zusatzprogramme, die einmal im Internet-Browser wie Firefox oder Internet Explorer installiert, konsequent sämtliche Werbeeinblendungen unterdrücken. Das Resultat: einerseits weniger nervige Popups und bunt blinkende Banner für den User. Anderseits geringere Werbeerlöse für die Verlage. 25 Prozent aller Werbeeinblendungen würden durch die Browser-Erweiterungen verhindert, klagen die beteiligten Medien in einer gemeinsamen Erklärung. Ein Akt der „Solidarität“ und ein Beitrag „möglichst große Teile der Qualitätsangebote kostenfrei halten zu können“ sei das Abschalten deshalb, argumentiert "Spiegel Online".
Erwartungsgemäß anders sehen es hingegen die Anbieter der Software: „Die hohen Download-Zahlen und fast zehn Millionen aktive Nutzer unseres Add-ons in Deutschland zeigen, wie groß das Bedürfnis der Nutzer ist, eine neue Art von Online-Werbung zu etablieren“, erklärt der größte Anbieter von Adblockern „Adblock Plus“ in einer Pressemittelung. Man gebe Internet-Usern lediglich die Möglichkeit „selbst (zu) entscheiden, wann und welche Werbung, sie bereit sind, zu akzeptieren.“
Von diesen Usern kommt allerdings auch Verständnis für die Initiative der Online-Medien. „Lieber Ads als Paywall“, schreibt einer auf Twitter. Ein anderer spricht von einem „lange überfälligen Appell an unsere Fairness.“ „Adblock-Hinweis gelesen. Adblock pausiert. Seitenfüllende Werbung gesehen. Adblock wieder angeschaltet“, kritisiert hingegen ein User die penetrante Alternative zum Auschalten der Werbeanzeigen. Ein weiterer Twitter-Beitrag fordert: "informative, optisch dezente Werbung. Dann schalte ich auch ab." Und auch ein zwar weniger fairer aber pragmatischer Tipp für den Umgang mit den Appellen der Online-Medien findet sich: „Einfach mit Adblock Plus die Adblock-Hinweise ausschalten.“
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.