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Grundschulden bei »Modrow-Kaufverträgen« löschbar (2)
Im Ratgeber Nr. 720 vom 30. November 2005 beantworteten wir die Leserfrage nach der Sicherheit von »Modrow-Käufen«, die durch eine Grundschuld, eingetragen im Grundbuch, belastet sind. Inzwischen hat ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eine gewissen Rechtssicherheit geschaffen. Unser Autor, Rechtsanwalt Prof. Dr. DIETRICH MASKOW, Berlin, erläutert es:
Nachdem im Frühjahr 1990 der Verkauf von volkseigenen Grundstücken auf der Grundlage des so genannten Modrow-Gesetzes vom 7. März 1990 endlich in Gang gekommen war, wurden noch im Namen der örtlichen Räte in der DDR, in Berlin also des Magistrats, zahlreiche wirksame Grundstückskaufverträge abgeschlossen. Sie sind aber, wie alle Verträge, die vor dem 29. September 1990, dem In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes, geschlossen wurden, von Rückübertragungsansprüchen bedroht. Ab 14. Juni 1990 erfolgten nach kurzer Pause derartige Verkäufe wieder, nachdem eine Klausel in den Vertrag aufgenommen worden war, die dem Magistrat von Berlin ein Vorkaufsrecht zum Bodenpreis, wie er in dem Modrow-Kaufvertrag vorgesehen war, einräumte. Das Kammergericht hat beginnend mit der Entscheidung vom 26. April 1994, Az. 1 W 2018/94, diese Klausel unter Berufung auf das ZGB der DDR für nichtig erachtet - und damit auch den gesamten Kaufvertrag. Als in Berlin auf Grund der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses vom 24. März 1994 und der Erweiterung vom 22. Juni 1995 die Verkäufe zu Bedingungen des Modrow-Gesetzes wieder aufgenommen wurden bzw. die nichtigen Kaufverträge nachbeurkundet wurden, gab es einige gravierende Veränderungen. Es wurde nun ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbart, das nicht ins Grundbuch eingetragen werden kann. Stattdessen wurde eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Landes Berlin ins Grundbuch eingetragen. Sie bewirkt, dass das Land Berlin im Falle der Ausübung des schuldrechtlichen Vorkaufsrechts die Übertragung des Eigentums an sich verlangen kann - 30 Jahre lang. Außerdem wurde eine zins- und brieflose Sicherungsgrundschuld vereinbart, die ebenfalls in das Grundbuch einzutragen ist. Damit hat es folgende Bewandtnis: Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 des Entschädigungsgesetzes sind Veräußerungserlöse aus dem Verkauf von ehemals volkseigenem Grund und Boden nach dem 27. Juli 1990 an Inhaber dinglicher Nutzungsrechte für Eigenheime dem Entschädigungsfonds zuzuführen, wenn die Rückübertragung nach § 4 des Vermögensgesetzes ausgeschlossen ist. Das heißt insbesondere dann, wenn ein redlicher Erwerb durch die Nutzer vorgelegen hat oder wenn der Alteigentümer Entschädigung gewählt hat. In diesen Fällen ist der Alteigentümer auf eine Entschädigung aus dem Entschädigungsfonds beschränkt. Sie beträgt nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Entschädigungsgesetzes (EntschG) unter anderem bei Mietwohngrundstücken mit zwei Wohnungen und Einfamilienhäusern das Siebenfache des vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswertes mit progressiv steigenden Kürzungsbeträgen ab 10000 Mark und nach § 2 Satz 2 des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes das Vierfache dieses Einheitswertes ohne Kürzungsbeträge. Das Land Berlin hat nun befürchtet, dass es die Ansprüche der Alteigentümer gegen den Entschädigungsfonds bedienen muss. Dagegen wollte es sich absichern und vereinbarte einen maximalen Sicherungsbetrag, den es im Falle der Heranziehung vom Modrow-Käufer nachverlangen kann: Es wurde von einem Einheitspreis für Grund und Boden von maximal fünf Mark je Quadratmeter ausgegangen. Das war der Modellfall der Komplettierungskäufer, die über Gebäudeeigentum und Nutzungsrecht am Boden verfügten und nun den Boden dazu gekauft hatten. Dieser angenommene Wert war sicher höher als der durchschnittliche Einheitswert 1935 der hier in Frage kommenden Wohngrundstücke. Dieser Wert wurde entsprechend dem oben genannten Entschädigungsfaktor mit 7 multipliziert, so dass man auf 35 DM/qm kam. Das war die angenommene maximale Entschädigungssumme für den Alteigentümer. Diese wurde dann mit der jeweiligen Grundstücksfläche multipliziert, so dass man den maximalen Sicherungsbetrag für das verkaufte Grundstück erhielt, und in dieser Höhe wurde eine Sicherungsgrundschuld begründet. Auch in anderen neuen Bundesländern wurden Verkäufe zu Modrow-Bedingungen nach der Wende noch weitergeführt. Dazu wurden auf kommunaler Ebene differenzierte Lösungen gefunden, wie etwa die Mehrerlösklausel in Dresden. Aus dem EntschG ging in keiner Weise hervor, dass die Entschädigung des Alteigentümers aus Erlösen seines früheren Grundstücks erbracht werden muss. Eine solche Verbindung war durch § 10 Abs. 1 Satz 2 EntschG sogar ausdrücklich gekappt worden. Dennoch wurde von den Kommunen, die noch zu Modrow-Preisen verkauft hatten, verlangt, dass sie an den Entschädigungsfonds den gesetzlich erzielbaren Preis zu zahlen hätten: bei Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG) den halben und sonst den vollen Verkehrswert. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch in seinem Urteil vom 20. Juni 2002, Az. 3 C 47/01, entschieden, dass nur der tatsächlich erzielte Erlös auszukehren ist und die Kommune nicht die Differenz zu dem erzielbaren Erlös dazugeben muss. Das hat den Gesetzgeber auf den Plan gerufen. Durch eine Änderung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 des EntschG durch das Entschädigungsrechtsänderungsgesetz vom 10. Dezember 2003 wurde geregelt, dass im Falle von Veräußerungen, die nach dem 17. Dezember 2003 beurkundet worden sind, mindestens der hälftige Kaufpreis gemäß SachenRBerG gezahlt werden muss. Umgekehrt: Für davor beurkundete Verträge muss von der Kommune kein Ausgleichsbetrag gezahlt werden. Die Oberfinanzdirektion Berlin ließ aber nicht locker. Nach dem erwähnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verlangte sie die Auskehr des in Berlin vereinbarten Sicherungsbetrages in Höhe 35 Mark/qm und auch den darüber hinausgehenden Betrag als Schadensersatz. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun in seinem Urteil vom 8. September 2005, Az. BVerwG 3 C 32.04, ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt, und ebenfalls erkannt, dass ein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Sicherungsbetrages nicht besteht, da dieser keinen Veräußerungserlös darstellt. Auch die Schadensersatzansprüche wurden abgewiesen. Damit ist der Rechtsweg erschöpft. Eine Verfassungsbeschwerde steht der OFD nicht zu. Der Sicherheitsbetrag kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung also definitiv nicht in Anspruch genommen werden. Der Zweck der für den Sicherungsbetrag bestellten Sicherungsgrundschuld kann nicht mehr eintreten. Deshalb haben die »Modrow-Käufer« einen Anspruch auf Bewilligung der Löschung dieser Grundschuld, die unbefristet vereinbart war. Dieser Anspruch ist auch einklagbar. Unter Vorlage der zu erteilenden Löschungsbewilligungen können die Grundstückseigentümer die Löschung der Sicherungsgrundschuld beantragen. Die Eigentumsauflassungsvormerkung bleibt allerdings als Belastung bestehen, soweit nicht Vereinbarungen, in Berlin nunmehr mit dem Liegenschaftsfonds, getroffen werden, dass sie gegen eine Abgeltung gelöscht werden kann. Dies jedoch nur dann, we...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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