Senat behindert Linienbusse
Der BUND zeigt das Versagen des Programms zur Beschleunigung des ÖPNV auf
Berlins Linienbusse und Straßenbahnen sind zu lange auf ihren Strecken unterwegs, was nicht nur oft ein Ärgernis für die Fahrgäste ist. Dadurch kosten sie die Stadt auch einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr, wie nun eine Studie des Umweltschutzverbands BUND nahelegt.
Der BUND präsentierte am Dienstag seine Berechnungen für neun Metrobus-Linien - also jene, die eigentlich besonders schnell sein sollen. Das Ergebnis: »Ausgerechnet die Qualität der innerstädtischen Metrobusse liegt deutlich unter den für das gesamte Busnetz angegebenen Werten«, hält Simon Heller fest, Mitglied im AK Mobilität des BUND. »Im langjährigen Vergleich sind die Metrobusse innerhalb des S-Bahnrings mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,6 km/h historisch langsam. Das Busbeschleunigungsprogramm hat offenbar seine Wirkung verfehlt.«
Mit besagtem Programm wollte der Senat Hindernisse für eine flüssige Fahrt von Linienbussen und Straßenbahnen beseitigen. Doch der BUND kann viele verschiedene Missstände auf Berlins Straßen mit Fotos veranschaulichen: Busspuren sind nicht zu erkennen, zu eng, vor Kreuzungen ausgesetzt, von Autos blockiert (was der Senat durch Kontrollen und Strafandrohungen in den Griff kriegen könnte) oder, wie am Potsdamer Platz, angelegt, aber nie in Betrieb genommen worden; Bushaltestellen sind schlecht platziert, Ampeln falsch eingestellt.
Mit den Fahrplanangaben hat der BUND für die besagten Metrobus-Linien errechnet, dass sie durch das 2000 greifende Busbeschleunigungsprogramm auf Hin- und Rückfahrt kaum Zeit einsparen (Höchstwert beim M29: Vier Minuten), zwei sogar länger brauchen. In einem kürzeren Zeitraum habe München es hingegen bei fünf vergleichbaren Buslinien geschafft, Hin- und Rückfahrt insgesamt um zwischen sechs und 22 Minuten zu verkürzen.
Das Stehen im Stau und die Verspätungen kosten Berlin nicht nur Nerven, sondern auch Geld. Da die BVG überwiegend nach Fahrzeit bezahlt werde, ergebe sich alleine für die besagten neun Buslinien ein Einsparpotenzial von 1,5 Millionen Euro pro Jahr, falls sie innerhalb des S-Bahn-Rings 17 km/h und außerhalb 18 km/h schnell wären, rechnet der BUND vor. So würden auch ein Dutzend Busse weniger gebraucht. Wenn durch die gestiegene Attraktivität fünf Prozent mehr Fahrgäste angezogen werden (auch hier gilt München als vorbildlich), würde das zusätzliche Einnahmen von 1,4 Millionen Euro bedeuten. Das macht also ein Potenzial von knapp drei Millionen Euro pro Jahr. Jens Wieseke, Vize-Vorsitzender des Berliner Fahrgastverbandes IGEB, rechnet das im Kopf für alle Linienbusse und Straßenbahnen hoch und kommt zu dem Ergebnis, dass Berlin über zehn Millionen Euro jährlich einsparen könnte.
Simon Heller sieht beim Senat den politischen Willen zu adäquaten Maßnahmen als zu schwach an. Der Senat kann bei der Erstellung des fälligen Nahverkehrsplans sowie des neuen Doppelhaushaltes das Gegenteil beweisen.
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