EU ermittelt gegen Ölmultis
Razzien in Konzernbüros aufgrund möglicher Preismanipulation
Die Europäische Kommission hat am Mittwoch Razzien in den Büros der Ölkonzerne BP, Shell und Statoil in insgesamt drei Ländern durchgeführt. Grund für die drastische Maßnahme waren Hinweise auf weitreichende Manipulation der Preise von Rohöl und Biokraftstoffen. Ersten Angaben zufolge soll der mögliche Betrug schon 2002 angefangen haben.
Dem früheren Sprecher des britischen Finanzministeriums, Matthew Oakeshott, zufolge könnte dies ein Fall in der Größenordnung des 2012 aufgedeckten LIBOR-Zinsskandals sein. Damals war herausgekommen, dass die großen Finanzinstitute künstlich ihre Zinssätze verändert hatten, um somit Verluste in Milliardenhöhe zu vertuschen. Zudem frage sich Oakeshott, warum es erst einer Intervention aus Brüssel bedurft habe, um das Komplott aufzudecken. »Die Preise für Kraftstoff betreffen uns alle, die Regierung hätte früher etwas unternehmen müssen«, so Oakeshott. Vor vier Monaten hatte die britische Behörde für fairen Handel die Untersuchungen noch ausgeschlossen.
Noch ist indes nicht klar, welche Konzerne überprüft wurden. Bestätigungen über die unangekündigten Durchsuchungen hat es bisher von den Konzernen BP (Großbritannien), Shell (Dänemark), Statoil (Norwegen) und der Agentur für Ölpreise, Platts, gegeben. Die Kommission überprüft nun, ob die Konzerne gemeinsam die Ölpreise in die Höhe getrieben haben, um sich so auf Kosten der Verbraucher zu bereichern.
Dies ist möglich, indem Unternehmen vorgeben, Öl für einen höheren Preis zu verkaufen, als sie es tatsächlich tun und somit den Wert auf dem freien Markt in die Höhe treiben. Zwar gibt es einen Richtwert, an dem sich der Preis orientiert. Dieser Kurs wird aber von spezialisierten Agenturen aus Daten der Ölkonzerne sowie von Banken und Hedgefonds, die mit Öl handeln, berechnet. Selbst eine kleine Erhöhung dieses Preises kann große Nachwirkungen haben.
Zusätzlich zur Preismanipulation müssen sich die Konzerne auch Vorwürfen der Wettbewerbsverzerrung stellen. Demnach sollen sie Konkurrenten von den Preisspekulationen ausgeschlossen haben, um so mehr Einfluss zu gewinnen. Neben der Europäischen Kommission will sich nun auch die britische Regierung den Vorwürfen annehmen. Die Bank of England, die sich bereits mit dem Zinsskandal befasst, will ihre Untersuchungen nun auch auf den Ölmarkt ausweiten.
Der Abgeordnete der regierenden Tories, Robert Halfon, sagte, vergangenes Jahr habe das Parlament einstimmig entschieden, den Ölmarkt zu mehr Transparenz zu bewegen. Die Regierung habe ihr übriges getan, indem sie eine Erhöhung der Kraftstoffsteuer für drei Jahre ausgesetzt hat. Jetzt sei es an den Ölkonzernen, »reinen Tisch zu machen und Verantwortung zu übernehmen«.
Dass die Öffentlichkeit vorschnelle Schlüsse zieht, will die EU-Kommission indes verhindern. Sie gab bekannt, dass eine unangekündigte Durchsuchung noch keinen Schuldspruch darstelle.
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