NRW-Landtag gedenkt der Opfer von Solingen

Heitmeyer: Weiter hohe Gefahr rechter Gewalt

  • Lesedauer: 2 Min.
Das Landesparlament in Nordrhein-Westfalen hat am Donnerstag an den Brandanschlag in Solingen vor 20 Jahren gedacht.

Solingen (epd). Zum 20. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen hat der nordrhein-westfälische Landtag am Donnerstag der Opfer gedacht. Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) rief Politik und Gesellschaft zum Kampf gegen Rechtsextremismus auf. »Tragen wir alle mit unseren Möglichkeiten dazu bei, dass in unserem Land Jede und Jeder leben kann - ohne Angst, verschieden zu sein«, sagte sie. Nach Einschätzung des Gewaltforschers Wilhelm Heitmeyer ist die Gefahr rechtsextremer Gewalt nach wie vor hoch. In den vergangenen Jahren hätten fremdenfeindliche Einstellungen in Deutschland zugenommen.

Vier junge Neonazis hatten in der Nacht zum 29. Mai 1993 das Haus einer türkischstämmigen Großfamilie in Solingen in Brand gesteckt. Fünf Mädchen und Frauen kamen ums Leben, 14 Familienmitglieder wurden verletzt. Drei Tage zuvor hatte der Bundestag das Asylrecht drastisch eingeschränkt. Der Brandanschlag war der folgenschwerste in einer Reihe rassistischer Übergriffe und Anschläge Anfang der 90er Jahre, unter anderem in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen und Mölln.

»Die extreme Rechte, die immer selbstbewusster und ungehemmter agierte, hat die Täter damals zu den Anschlägen geradezu animiert«, sagte Landtagspräsidentin Gödecke. »Und schließlich hat sie selbst ein eigenes Terrorkommando aufgebaut, wie wir heute wissen«, fügte sie mit Blick auf die Neonazi-Mordserie der Terrorgruppe NSU hinzu. Der 29. Mai 1993 gehöre »zu den dunkelsten Tagen in der Geschichte unseres Bundeslandes«, erklärte Gödecke in Anwesenheit der Eheleute Mevlüde und Durmus Genç, die bei dem Anschlag zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verloren.

Eine Langzeitstudie zeigt nach den Worten des Bielefelder Rechtsextremismusforschers Heitmeyer, »dass die fremdenfeindlichen Einstellungen nach einem langsamen Rückgang seit drei, vier Jahren wieder zunehmen«. Besonders für schwache Gruppen in der Gesellschaft wachse die Gefahr, Opfer rechtsextremer Gewalt zu werden, sagte der Wissenschaftler dem epd. Er nannte es »negativ überraschend, dass es nach der Aufdeckung der NSU-Mordserie keine breite gesellschaftliche Bewegung gegeben hat«.

Heitmeyer kritisierte, die Politik sei gegenwärtig dabei, »aus einem gesellschaftlichen Problem ein juristisches und verfolgungstechnisches Problem zu machen«. So bringe ein Verbot der rechtsextremen NPD nach seiner Einschätzung nicht viel. Die eigentliche Gefahr seien radikalisierte Milieus des rechtsextremen Spektrums.

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