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Verfassungsbeschwerde gegen Dresdner »Handygate«

Linke-Abgeordnete wollen Funkzellenabfrage kippen

  • Michael Bartsch
  • Lesedauer: 3 Min.
Zwei Linken-Abgeordnete wollen sich mit dem Teilerfolg von Beschwerden gegen das Dresdner »Handygate« 2011 nicht begnügen. Sie bemühen das Bundesverfassungsgericht.

Der 23.April dieses Jahres war für Demokraten und Nazi-Gegner in und außerhalb Dresdens eigentlich ein Tag der Freude. In zweiter Instanz erklärte das Landgericht Dresden die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage bei den Dresdner Anti-Nazi-Demonstrationen vom 19.Februar 2011 für rechtswidrig. Wegen der erwarteten Zusammenstöße zwischen Gegendemonstranten, Nazis und der Polizei zum Dresdner Zerstörungsgedenken hatte die Staatsanwaltschaft Dresden damals eine umfangreiche Überwachung des Mobilfunkverkehrs beantragt. Proteste und Beschwerden gegen die Ausspähung von mehr als einer Million Verkehrs- und Bestandsdaten waren die Folge.

Doch beim näheren Hinsehen brachte dieses Urteil, das die Rechtmäßigkeitserklärung des Amtsgerichtes Dresden vom Mai 2012 aufhob, nur einen Teilerfolg. Es bezog sich lediglich auf die Dresdner Südvorstadt, wo allein über 800 000 Datensätze gesammelt wurden. Für rechtskonform erklärten die Richter hingegen die Abfrage von 81 229 Verkehrs- und 35 748 Bestandsdaten in der Umgebung des Hauses der Begegnung, dem städtischen Zentrum der Linken. Die insgesamt dürftige richterliche Begründung für die Datenerfassung fiel im Bereich HdB – Großenhainer Straße etwas umfangreicher aus, was den Landrichtern offenbar genügte.

Das wollen nun die sächsischen Linken-Landtagsabgeordneten Rico Gebhardt und Falk Neubert nicht hinnehmen. Mit der als »Handygate« bekannt gewordenen Dresdner Funkzellenabfrage 2011 wird sich auch das Bundesverfassungsgericht befassen müssen. Ihr Anwalt André Schollbach, zugleich Vorsitzender der Linksfraktion im Dresdner Stadtrat, legte jetzt Verfassungsbeschwerde ein. Dabei geht es ihnen um spezielle sächsische Verfahrensfehler als auch um grundsätzliche Erwägungen.

So moniert die Verfassungsbeschwerde, dass keine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen stattgefunden habe. Der Amtsrichter unterzeichnete lediglich einen vorformulierten Satz der Dresdner Staatsanwaltschaft. »Der Ermittlungsrichter hat sich zum Schreibbüro der Staatsanwaltschaft degradiert«, sagte Anwalt Schollbach am Donnerstag vor Journalisten. Im Fall der Region Großenhainer Straße kamen noch zwei begründende Sätze hinzu, weil in dieser Umgebung das besonders gesuchte Handy eines Gewalttäters vermutet wurde. Das sah das Landgericht offenbar als hinreichenden Grund für die Handy-Überwachung in diesem Bereich an. Der gleiche Verdacht hatte auch zu der rechtswidrigen und völlig ergebnislosen Durchsuchung des Hauses der Begegnung am Abend des 19.Februar geführt.

Grundsätzlich widerspreche das Vorgehen aber dem bei Eingriffen in die Informationsfreiheit sehr wesentlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, schreibt Schollbach in seiner Begründung. Gerade bei dieser Funkzellenabfrage sei der Grundrechtseingriff besonders schwerwiegend, »weil hier massiv Daten völlig unbescholtener Bürger gesammelt worden sind«, erklärte Falk Neubert. Die Mobilfunkdaten waren zwei volle Tage lang in der Umgebung der dicht besiedelten und stark befahrenen Großenhainer Straße gesammelt worden. André Schollbach vergleicht mit einer Situation in Magdeburg 2005 nach einem Banküberfall. Die Abfrage einer einzigen Funkzelle für die Dauer von lediglich einer Stunde war damals vom Landgericht verworfen worden, weil zu viele unbeteiligte Dritte betroffen gewesen wären.

»Es geht in Wahrheit um Ausforschung«, konstatierte Schollbach schließlich. Von einem Urteil aus Karlsruhe erwartet er auch ein Signal gegen die »generelle Vernachlässigung von Grundrechten in Sachsen«.

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