Der Müll und die Macht

Bürgerbegehren gegen Privatisierung an der Ilm

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Auseinandersetzung um die Privatisierung der Abfallwirtschaft polarisiert die politische Landschaft im Thüringer Ilm-Kreis. CDU und FDP kritisieren die LINKE-Landrätin.

Mit einem Infostand am Ilmenauer Apothekerbrunnen startete gestern ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, eine Privatisierung der Abfallwirtschaft im Thüringer Ilm-Kreis zu verhindern. Mit dem Begehren soll ein Kreistagsbeschluss zur Einleitung einer EU-weiten Ausschreibung außer Kraft gesetzt werden. Das Kommunalparlament hatte unlängst mit der Mehrheit von CDU, Freien Wählern und FDP die Weichen pro Privatisierung gestellt. Dadurch kippte der Kreistag seinen eigenen knappen Mehrheitsbeschluss zur Kommunalisierung der Abfallentsorgung von 2012. Dieser sah einen Verzicht auf eine Neuausschreibung der Entsorgungsdienstleistungen und deren Integration in den kommunalen Abfallwirtschaftsbetrieb Ilm-Kreis (AIK) vor.

6600 Unterschriften

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind zuversichtlich, dass sie in den kommenden Monaten die Unterschriften von zehn Prozent der wahlberechtigten Bürger im Landkreis - also 6600 - sammeln und damit einen Bürgerentscheid erzwingen können. Dadurch hätte die Bevölkerung in dieser politisch umstrittenen Frage das letzte Wort. »Den Bürgern im Ilmkreis wird es gelingen, die Abfallwirtschaft in kommunale Hand zu überführen«, erklärt Antragseinreicher Karl-Heinz Mitzschke (LINKE) auf nd-Anfrage.

Ob der angestrebte Bürgerentscheid bereits am 22. September, dem Tag der Bundestagswahl, stattfinden kann, ist offen. Dem Antragsteller offiziell zur Seite stehen Ulrich Strobel (SPD) und An-dreas Schigold (Grüne). Neben den durch diese drei Personen repräsentierten Parteien unterstützen auch der DGB-Kreisvorsitzende Peter Hopf, die Piratenpartei, der Ilmenauer Ehrenbürger Helmut Krause und zahlreiche Parteilose das Aktionsbündnis »Abfallwirtschaft in kommunale Hand«.

Doch das Ganze dürfte kein Spaziergang werden. Insider argwöhnen, dass der Entsorgungskonzern Remondis, der zusammen mit den AIK bislang den mit der Müllentsorgung beauftragten Ilmenauer Umweltdienst (IUWD) gebildet hatte, im Hintergrund starke Lobbyarbeit betreibt.

Beispiel Rhein-Hunsrück

Die Kreistagsmehrheit glaubt, dass Remondis auch eine EU-weite Ausschreibung gewinnen würde und behauptet, eine privatisierte Abfallentsorgung sei für die Bürger besser und billiger. »Das Festhalten an der Privatisierung der Abfallwirtschaft im Ilm-Kreis hat bisher mehr als 100 000 Euro für Gutachten und externe Rechtsberatung gekostet«, hält Kreistagsmitglied Frank Kuschel (LINKE) entgegen: »Eine Ausschreibung wird weitere 53 000 Euro kosten.«

Dass eine kommunale Entsorgung besser und billiger sein kann, zeigt auch das Beispiel des CDU-dominierten Rhein-Hunsrück-Kreises in Rheinland-Pfalz. Dort wurden seit der Rekommunalisierung vor einigen Jahren bereits mehrfach die Gebühren gesenkt. Die Beschäftigten arbeiten nach Tarif für den Öffentlichen Dienst.

Das Tauziehen um den Müll ist auch ein Stück Machtkampf im Landkreis. So hat sich die bürgerliche Kreistagsmehrheit offensichtlich nicht damit abgefunden, dass Amtsinhaber Benno Kaufhold (CDU) vor einem Jahr in der Landrats-Direktwahl von Petra Enders (LINKE) geschlagen wurde. CDU, Freie Wähler und FDP wollen mit der Ausschreibung offenbar vollendete Tatsachen schaffen und werfen der neuen Landrätin vor, dass sie das Bürgerbegehren überhaupt zugelassen hat.

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