Afrikanische Union feiert - trotzdem
Nach 50 Jahren weist das Staatenbündnis eine durchwachsene Bilanz auf
Addis Abeba hat sich herausgeputzt. Auf dem Grünstreifen der neuen Prachtstraße wurden Blumen und Palmen gepflanzt, an den Brücken »Happy Birthday«-Transparente angebracht. Am heutigen Sonnabend soll alles strahlen, wenn die afrikanischen Staats- und Regierungschefs auf dem Boulevard zum neuen Hauptquartier der Afrikanischen Union in der äthiopischen Hauptstadt rollen. Sie kommen, um den 50. Geburtstag der AU-Vorgängerin Organisation für Afrikanische Einheit zu feiern. Das Gipfeltreffen steht unter dem Motto »Panafrikanismus und die afrikanische Renaissance«.
Ob es allerdings wirklich Grund zum Feiern gibt, wird von einigen Beobachtern bezweifelt. »Ja, es gibt Grund zu feiern«, sagt Dr. Solomon Ayele Dersso von der panafrikanischen Denkfabrik Institute for Security Studies. »Die Zahl der Konflikte auf dem Kontinent geht zurück, bei der Bekämpfung der Armut werden große Erfolge erzielt, viele Länder legen wirtschaftlich stark zu, die afrikanische Integration schreitet schneller voran als in der Vergangenheit. Afrika kann hoffnungsvoll in die Zukunft schauen.« Trotzdem räumt der Politikwissenschaftler ein, dass auf die AU noch Mammutaufgaben warten und nicht alle Ziele, die der Staatenbund sich vor 50 Jahren gesetzt hat, erfüllt wurden.
So hatte Kwame Nkrumah, der damalige Präsident Ghanas, beim Gründungsgipfel der OAU gefordert: »Wir müssen uns jetzt vereinigen - oder wir gehen zugrunde.« Gemessen an den pathetischen Worten gibt es 50 Jahre, nachdem 32 afrikanische Staaten sich zum Staatenbündnis zusammengeschlossen haben, kaum Grund für Champagner. Noch immer besteht Afrika aus 54 unabhängigen Staaten, die in den vergangenen Jahrzehnten meist ihr eigenes Süppchen kochten, teilweise sogar Krieg gegeneinander führten.
Das hehre Ziel einer politischen und wirtschaftlichen Einheit des Kontinents ist einer pragmatischen Kooperation auf stark ausbaufähigem Niveau gewichen. Ausgerechnet der inzwischen gestürzte libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi wollte nach dem Ende des Ost-West-Konflikts aus der schwachen OAU einen starken Staatenbund schaffen. Er propagierte die Idee der Vereinigten Staaten von Afrika mit gemeinsamer Armee, Währung und zentraler Führung. Unter anderem auf Grund seiner Initiative wurde so vor elf Jahren die AU, die Nachfolgeorganisation der OAU, gegründet.
Die Institutionen der Europäischen Union dienten dabei als Vorbild. Im Gegensatz zur EU verfügt die AU mit dem Friedens und Sicherheitsrat sogar über ein zentrales Organ der Friedenssicherung. Die von diesem mandatierten Truppen haben schon in mehrere Konflikte auf dem Kontinent eingegriffen und den Frieden zumindest teilweise wieder herstellen können.
Was die AU beschließt, bleibt für die Bürger der Staaten bislang oft ohne konkrete Bedeutung. Doch das soll sich ändern. »Wir können von der Europäischen Union lernen. Die EU hat Instrumente geschaffen, die dafür sorgen, dass ihre Beschlüsse tatsächlich umgesetzt werden«, sagte AU-Kommissionspräsidentin Nkosazana DlaminiZuma beim Besuch ihres europäischen Amtskollegen José Manuel Barroso in Addis Abeba im April. Bislang fehlt es oft an Geld, an der Expertise, dem Personal oder dem politischen Willen, um die AU-Entscheidungen umzusetzen. Damit sich dies ändert, unterstützt Deutschland die AU durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). »Die Institutionen der AU-Gründungsakte existieren teils noch nicht, teils benötigen sie noch Konkretisierung, um die Handlungsfähigkeit der AU zu erhöhen«, sagt Dr. Mechthild Rünger, Leiterin des GIZ-Verbindungsbüros zur Unterstützung der AU in Addis Abeba.
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