»Warum schon wieder Putin?«

Boris Kagarlitzki über die falschen Prognosen der russischen Liberalen und die Strategie der Linken

Die Moskauer Liberalen vermitteln im Westen nicht das reale Bild von Russland, sagt der Moskauer Politologe Boris Kagarlitzki, der als Analytiker weit über die russische Linke hinaus Anerkennung genießt. Die Rolle Wladimir Putins werde von den Liberalen überhöht, urteilt Kagarlitzki im Interview mit dem »neuen deutschland«. Für »nd« befragte ihn in Moskau Ulrich Heyden.

nd: Wladimir Putin hat vor den Präsidentschaftswahlen 2012 Verbesserungen in der Sozialpolitik und Maßnahmen zur Modernisierung der Wirtschaft versprochen. Was ist aus diesem Versprechen geworden?
Kagarlitzki»Modernisierung der Wirtschaft«, das sind in Russland nicht mehr als schöne, aber leere Worte. Anstelle von Wissenschaft und Bildung tritt Innovation. Doch was bedeutet Innovation? Das sind kurzfristige Entscheidungen, die darauf zielen, auf dem Markt schnell Geld zu verdienen. Es gab von Putin vor und nach den Wahlen aber eine Reihe von Versprechungen, mit denen erreicht werden sollte, dass sich die Lage verschiedener Gruppen in der Gesellschaft nicht verschlechtert, sondern verbessert. Das betraf die Rentner, die Beschäftigten im Bildungs- und Gesundheitswesen und der Wohnungsbewirtschaftung.

Wie ernst war es ihm damit?
Putins Absicht war nicht nur, von den Menschen mit geringem Einkommen Wählerstimmen zu bekommen. P...


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