Rassismus spaltet griechische Regierung
Ministerpräsident Samaras blockiert Gesetz gegen ausländerfeindliche Hetze
Anlass des Streits zwischen Premierminister Antonis Samaras und den Parteivorsitzenden Evangelos Venizelos von der sozialdemokratischen PASOK und Fotis Kouvelis von der linken DIMAR ist der Entwurf eines Gesetzes, mit dem der Aufruf zu rassistisch motivierten Gewalttaten oder Hetze gegen »Gruppen oder Mitglieder von Gruppen aufgrund ihrer Rasse, Hautfarbe, Religion, sexueller Orientierung, Herkunft oder der nationalen Zugehörigkeit« sowie die Leugnung international anerkannter Völkermorde unter Strafe gestellt werden sollen.
Justizminister Antonis Roupakiotis hatte das Gesetz auf Anweisung des Ministerpräsidenten bereits Anfang Mai fertiggestellt. Laut Samaras sollte damit EU-Richtlinie 913 von 2008 umgesetzt werden, deren Übernahme ins griechische Recht bereits Ende 2010 fällig gewesen wäre. In den eigenen Reihen regte sich aber Widerspruch gegen das als »Verfolgung von Meinungen« abgelehnte Gesetz. Daraufhin ruderte der Ministerpräsident zurück und erklärte am Wochenende, die bindende Richtlinie sei bereits mit einem Gesetz von 1979 ausreichend abgedeckt. Auch dort werden, allerdings nur auf Klage der Betroffenen, rassistische Verleumdungen und Hasstiraden unter Strafe gestellt.
Hinter der Kehrtwende von Samaras steckt die Furcht, weitere Stimmen aus dem rechten Spektrum an die rechtspopulistische Chrysi Avgi zu verlieren. »Wir werden einem Antirassismusgesetz nicht zustimmen«, so der Nea-Dimokratia-Abgeordnete Giannis Michelakis am Dienstag im griechischen Radio. Man solle nicht glauben, dass Gesetze und Gerichte extremen Ideen und ihren Vertretern den Garaus machen könnten. Diese Ideen seien auch in der Gesellschaft selbst tief verankert. Man könne den 400 000, die den Faschisten bei den Wahlen im Juni ihre Stimme gegeben hatten, nicht den Mund verbieten.
Die bei den Wahlen im Juni mit knapp sieben Prozent ins Parlament eingezogene Chrysi Avgi belegt in jüngsten Umfragen mit 12 Prozent bereits Platz drei hinter der Nea Dimokratia und der linken Oppositionspartei SYRIZA. Ihr Chef, der gerne auch mal den Hitlergruß zeigende Holocaust-Leugner Nikos Michaloliakos, bezeichnete das Gesetz als Versuch, den Aufstieg seiner Partei zu behindern. Er drohte, in die Illegalität zu gehen. Die von Mitgliedern und Anhängern seiner Partei begangenen Gewalttaten werden von der Parteiführung ohnehin offiziell regelmäßig geleugnet, die Täter nur in den wenigsten Fällen dingfest gemacht. Mit dem Gesetzesentwurf hätten öffentlich geäußerte Bezeichnungen wie »Untermenschen« für Menschen mit schwarzer Hautfarbe zum Verlust des Mandats und damit auch der Bezüge geahndet werden können.
DIMAR-Chef Fotis Kouvelis bestand nach dem Gespräch der drei Vorsitzenden der Koalition auf dem Gesetz. Es sei eine »demokratischen und moralische Verpflichtung«, die vom Justizminister erarbeitete Vorlage umgehend ins Parlament einzubringen. Ins gleiche Horn stieß auch sein Kollege von der PASOK. Venizelos kündigte zugleich eine eigene Initiative an. Ein solcher Entwurf werde als Grundlage zur Diskussion sowohl von DIMAR als auch von anderen Parteien akzeptiert werden. Die größte Oppositionspartei im Parlament, die Linksallianz SYRIZA, hatte dem Entwurf des Justizministers bereits Unterstützung zugesagt. Die Kommunistische Partei dagegen kritisiert den Gesetzentwurf der Regierung. Dieser hätte auch gegen linke Bewegungen genutzt werden können, heißt es in einer Erklärung.
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