Gute Posten für Genossen

100 Tage rot-grüne Regierung in Niedersachsen - Opposition geißelt Personalpolitik

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 2 Min.
Hat die niedersächsische Landesregierung ihr nahestehende Personen mit lukrativen Posten versorgt? Dies warf die Opposition SPD und Grünen gestern in einer Debatte vor.

Geschimpfe, Vorwürfe, Häme und das Klopfen auf die eigenen Schultern prägten gestern die Sitzung des niedersächsischen Landtags. Eine Bilanz der ersten 100 Tage rot-grüner Regierung war angesagt. Für die Opposition ein Anlass, die Personalpolitik von SPD und Grünen zu geißeln.

Willkommene Munition hatte die neue Regierung dem politischen Gegner geliefert, als sie allerlei Positionen im Land neu besetzte und gut bezahlte neue Stellen schuf. »Mit Elan« hätten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein Kabinett personellen Umbau nach Parteibuch-perspektive betrieben, erinnerte Ulf Thiele von der CDU-Fraktion. So feuerte Innenminister Boris Pistorius (SPD) gleich vier von sechs Polizeipräsidenten und ersetzte sie durch ihm genehme Männer, unter ihnen zwei SPD-Mitglieder.

Anfang Mai hatte die Diplomkauffrau Mirja Viertelhaus-Koschig ihren Platz im Aufsichtsrat der Norddeutschen Landesbank räumen müssen. Auf ihn hievte Finanzminister Peter-Jürgen Schnei-der (SPD) die parteilose Susanne Knorre, die von 2000 bis 2003 in der SPD-geführten Landesregierung Wirtschaftsministerin gewesen war. Den Landesgeschäftsführer der SPD, Michael Rüter, machte Weil zum Staatssekretär, schickte ihn als Bevollmächtigten des Landes beim Bund nach Berlin. »Dem Fass den Boden ausgeschlagen«, so Ulf Thiele, habe die Besetzung einer Büroleiterstelle bei der Integrationsbeauftragten Doris Schröder-Köpf (SPD). Ohne Ausschreibung war der Posten an den Vorsitzenden der Hannover-SPD, Alptekin Kirci, vergeben worden. Die Opposition meint, der SPD-Mann sei mit der guten Position dafür belohnt worden, dass er »mit spitzen Ellenbogen« für die Kandidatur von Doris Schröder-Köpf um ein Landtagsmandat gesorgt habe.

»Sie waren sehr erfolgreich in den 100 Tagen, wenn es um die Versorgung von Parteigenossen ging«, hielt FDP-Fraktionschef Christian Dürr den Koalitionären entgegen. Einen Widerpart aus deren Reihen gab es nicht, nur ein paar Zwischenrufe. Ihr Tenor: »Guckt mal auf euch selbst!« Die 100-Tage-Bilanz der Koalition ließe sich mit der Formel »wir sind die Guten« zusammenfassen. Beispiele listeten die Fraktionsvorsitzenden Anja Piel (Grüne) und Johanne Modder (SPD) auf. Die herzlose Abschiebepolitik des Innenministers Uwe Schünemann (CDU) sei beendet worden, die Senkung der Studiengebühren werde verwirklicht, ebenso der Ausbau der Ganztagsschulen.

Mehr als auf die vergangenen 100 Tage schauten Abgeordnete aller Couleur in die weiter zurückliegende Vergangenheit. Sie beschrieben, was von ihrer Seite Vortreffliches geleistet und was vom politischen Gegner für Unheil angerichtet worden sei. So rühmten sich etwa CDU und FDP, welch »geordnete Landesfinanzen« sie hinterlassen hätten. Stephan Weil rechnete ihnen dagegen vor: Innerhalb von zehn Jahren habe Schwarz-Gelb 20 Milliarden Euro Schulden gemacht.

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