BER verärgert Europa
Brüssel leitet Verletzungsverfahren ein
Der Großflughafen BER in Schönefeld kommt nicht aus der Problemzone. Am Donnerstag leitete die EU-Kommission in Brüssel gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren ein. »Deutschland muss bei der Planung von Flugrouten die Folgen für Natur und Umwelt prüfen«, erklärte der Sprecher von EU-Umweltkommissar Janez Potocnik. Die Kommission in Brüssel reagierte damit auf Beschwerde zum neuen Flughafen aus der Region Berlin-Brandenburg, nachdem die Planer die Flugrouten im Nachhinein geändert haben, ohne erneut die Auswirkungen auf die Umwelt zu untersuchen.
Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, Stellung zu beziehen. In den bisherigen Gesprächen zwischen Brüssel und Berlin vertrat die deutsche Seite immer eine andere Ansicht als die EU-Kommission. Im Kern geht es darum, ob es sinnvoll ist, dass Flugrouten bereits zehn Jahre vor der Eröffnung des Flughafens Teil des Planfeststellungsbeschlusses sein müssen. Das sieht die EU so, die Bundesregierung hat dazu indes einen anderen Standpunkt. Sie sieht keine Umweltstandards durch eine spätere Festlegung der Flugrouten verletzt.
Von der Politik wurde das Verletzungsverfahren der EU-Kommission unterdessen ganz unterschiedlich aufgenommen. Betont gelassen reagierte etwa Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der auch Aufsichtsratsmitglied der Flughafengesellschaft ist. »Der Streit ist nicht neu, die Bundesrepublik wird in dem Verfahren ihre Position vertreten«, erklärte Wowereit nach Bekanntwerden der schlechten Nachricht aus Brüssel. Der Regierende betonte überdies, dass das Verfahren nicht zum Schaden des Flughafenstandorts sei.
Ähnlich argumentierte die rot-rote Landesregierung in Brandenburg. Der Regierungssprecher von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, er sehe keinen Bezug des EU-Verfahrens zu Brandenburg. Auch der Flughafensprecher des BER, Ralf Kunkel, verwies auf das Bundesverkehrsministerium. »Auf die Fertigstellung des BER hat das keinen Einfluss«, sagte Kunkel. Es gehe um grundsätzliche Fragen der Flugroutenfeststellung.
Eine »schlampige Arroganz der BER-Verantwortlichen« sah dagegen der Fraktionschef der LINKEN im Bundestag, Gregor Gysi, in der Einleitung des EU-Verfahrens. »Wenn - wie zu erwarten ist - die Vertragsverletzung festgestellt wird, muss die Umweltverträglichkeit noch geprüft werden.« Das bedeute, so Gysi, eine »erhebliche weitere Verzögerung der Eröffnung des Flughafens«. Der Schaden sei immens und es stelle sich die Frage, wer dafür die Verantwortung trage.
Dass die EU-Kommission auf die Beschwerde von Umweltverbänden wie dem NABU und der Grünen Liga gegen die Routen reagieren wird, zeichnete sich bereits sei Januar dieses Jahres ab. Damals hatte die EU-Kommission den deutschen Behörden in einem Schreiben vorgeworfen, dass die festgelegten Flugrouten »erheblich« von denen abweichen würden, auf die man sich in der Planfeststellung geeinigt hatte - wodurch die neuen Routen durch Natur- und Vogelschutzgebiete verlaufen und damit seltene Vogelarten gefährden würden, was wiederum EU-Richtlinien verletzt.
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