In den Kitas wird es eng

Arbeiterwohlfahrt warnt vor sinkender Qualität bei der Kinderbetreuung

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Umfrage der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zeigt, dass der beschleunigte Ausbau der Kita-Kapazitäten zu Lasten von Kindern und Personal geht. Angesichts der Missstände fordert AWO-Chef Wolfgang Stadler nun die Festsetzung von Mindeststandards.

Am 1. August 2013 ist es soweit: Dann tritt bundesweit eine Kita-Platz-Garantie in Kraft, die für alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr gelten soll. Um dieses Ziel zu erreichen, wird derzeit massiv in den Ausbau der Infrastruktur investiert. Nach eigenen Angaben stellt der Bund dafür bis 2014 rund 5,4 Milliarden Euro bereit. Das Geld soll den Kommunen beim Bau und Unterhalt der Einrichtungen helfen. Doch das Geld reicht vorne und hinten nicht. Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler, schlug am Donnerstag Alarm: »Die großen Kraftanstrengungen, diesen Anspruch erfüllen zu können, führen vielerorts dazu, dass die Qualität zu kurz kommt.« Stadler verwies dabei auf die Ergebnisse einer AWO-Umfrage unter den Beschäftigten der 2300 Kindertagsstätten, die der Sozialverband im gesamten Bundesgebiet betreibt.

Die Ergebnisse lassen aufhorchen: So bemängeln die befragten Erzieherinnen, dass man gezwungen sei Gruppen zu vergrößern, ohne dass Fachpersonal entsprechend aufzustocken. Generell beschweren sich die Angestellten über einen Mangel an ausgebildeten Erziehern. Die daraus resultierenden Belastungen führten bereits jetzt zu steigenden Krankenquoten. »Wir arbeiten hier ständig hart an der Grenze zu kindeswohlgefährdenden Bedingungen«, so eine Kita-Leiterin gegenüber der AWO. Häufig würden Fachkräfte durch »sozialpädagogische Assistentinnen und Kinderpflegerinnen« ersetzt.

Zudem mangelt es auch an Platz. »Häufig schlagen Kommunen ungeeignete Räume zur Nutzung vor, etwa Mehrzweckhallen oder Container«, berichtete Stadler. Ein Bundesland verringerte gar die gesetzlich vorgeschriebene Raumgröße von 50 auf 36 Quadratmeter.

Der AWO-Chef kritisierte, dass man seit der Einführung des Rechtsanspruches im Jahr 2008 drei grundlegende Faktoren aus den Augen verloren habe: »die Qualität der Betreuung, das Vorhandensein genügender Fachkräfte und eine ausreichende Finanzierung«.

Zur Behebung dieser Mängel legte die AWO am Donnerstag einen Forderungskatalog vor: Der Sozialverband drängt demnach auf »bundeseinheitliche Mindeststandards aufgrund pädagogischer Vorgaben«. Zudem müsse »mehr Geld ins System«. Ferner bedürfe es einer genauen Bedarfsplanung. So sei unklar, »wie viele Plätze und wie viele Fachkräfte gebraucht werden«. Stadler schätzt, dass noch 100 000 Kita-Plätze fehlen. Zudem verwies er auf Berechnungen, wonach bis zu 30 000 Fachkräfte zusätzlich benötigt würden, um die Kita-Garantie personell abzudecken.

Im zuständigen Bundesfamilienministerium kennt man den tatsächlichen Bedarf nicht. »Die Kommunen melden entsprechende Zahlen nur einmal im Jahr und sind nicht bereit, dies öfter zu tun«, so Ministeriumssprecher Christoph Steegmans gegenüber »nd«.

In Sachen Mindeststandards wies Steegmans jede Verantwortung von seinem Ministerium zurück. Bereits im Mai 2012 habe Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) einen 10-Punkte-Plan zum Kita-Ausbau vorgestellt. Unter anderem sah dieser vor, durch ein Qualitätsgesetz einen »Rahmen-Bildungsplan mit bundesweiter Gültigkeit« zu schaffen. »Doch das geht nur, wenn die Länder hier mitspielen«, so Steegmans. Bislang seien viele nicht bereit, ihre Kompetenzen an den Bund abzugeben.

So bleibt die Ausarbeitung von Mindestanforderungen für Kitas den einzelnen Ländern überlassen. Wohin das führt, lässt sich im AWO-Bericht nachlesen: »In einem Bundesland gibt es sogar überhaupt keine Mindeststandards für Personal.«

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