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Europäische Linke debattieren auf Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung Alternativen zum Euro

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Ist die Euro-Exit-Strategie ein politisches Ziel der Linken oder eine ökonomische Möglichkeit, die ausformuliert werden muss? Das war eine der Fragen, die gestern auf der Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin »Die letzte Chance nutzen! Linke Strategien zur Eurokrise« kontrovers debattiert wurde.

Die Linke hat schon lange ein ambivalentes Verhältnis zu Europa, denn in ihrer Ausgestaltung ist die EU ein neoliberales Projekt. Doch jetzt in der Krise, stehen über den Debatten viele Fragezeichen: Wohin führt ein Weg raus aus der Eurozone? Und wie wird dabei deutlich, dass sich linke Europakritik deutlich von nationalökonomischen Forderungen der Rechten unterscheidet?

Einen Teil dieser Fragezeichen debattierten rund 70 Teilnehmer ausgehend von der jüngst vorgelegten und seitdem kontrovers diskutierten Studie von Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas »The Systemic Crisis of the Euro - True Causes and Effective Therapies«. Beide Autoren kommen zu dem Schluss: Der Versuch, eine Währungsunion auf Basis der herrschenden neoklassischen Theorie zu implementieren, ist gründlich gescheitert. Und, so Flassbeck, »mit jedem Tag, an dem an den alten Fehlern festgehalten wird, schwinden die Chancen für eine erfolgreiche Wende«. Die Autoren fordern deshalb deutlich für einige Länder eine Debatte über den Ausstieg aus dem Euro.

Eines dieser Länder ist Zypern, jüngst Opfer des neoliberalen Modells geworden, »als sich die EU entschied den wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes, die Banken, zu zerschlagen«, so Neoklis Sylikiotis, Abgeordneter der linken AKEL-Partei und ehemaliger Handelsminister Zyperns. Die Partei hat soeben eine Studie vorgelegt, die zu dem Schluss kommt, ein Nein zum Memorandum sei der richtige Schritt für den Inselstaat. »Das hätte zur Konsequenz, dass wir den Euro verlassen müssten«, sagt Sylikiotis. Seine Partei will die Bevölkerung über einen möglichen Austritt abstimmen lassen, denn auch er weiß, »die Menschen wollen das Memorandum nicht, aber sie wollen auch nicht den Austritt aus dem Euro«.

Auch der griechische Wirtschaftswissenschaftler Theodorus Paraskevopoulos fordert eine offene Debatte über einen möglichen Euroaustritt. Ein tatsächlicher Machtwechsel in Griechenland sei möglich, aber die Voraussetzung sei ebenso wie in Zypern ein klares Nein zur Austeritätspolitik. »Doch wenn wir das machen, dann stellen wir uns gegen das europäische Kapital, und dann brauchen wir die Unterstützung der europäischen Linken«, fordert der Berater der linken Partei SYRIZA.

Warnungen vor einem solchen Schritt kamen von dem LINKEN-Bundestagsabgeordneten Axel Troost. Ein Austritt aus dem Euro hätte Folgen, die »weitaus schlimmer sein können als die momentane neoliberale Politik«. So hätte eine Schuldenstreichung zur Konsequenz, dass ein Land auf Jahre keine Kredite mehr bekommen würde. Er forderte, stattdessen auf europäischer Ebene in jedem Land gegen die Austeritätspolitik zu kämpfen. »Das geht besser im Verbund; bricht Europa auseinander, dann können wir keine einheitliche Front mehr bilden.« Denn, das Problem sei nicht der Euro, sondern der Neoliberalismus. Hier müsse die deutsche Linke ansetzen.

Eine Haltung, der die Autoren der Studie deutlich widersprechen: »Die Linke muss konkret über das Währungssystem sprechen und nicht über den Kapitalismus im Allgemeinen«, forderte Lapavitsas.

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