Shopping-Mall vor dem Fall?

Bauprojekt in Mainz könnte scheitern

  • Robert Luchs, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.
Schon lange dauert die Auseinandersetzung um ein großes Einkaufszentrum in Mainz. Nun deutet sich an, dass das Projekt in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt nicht realisiert wird.

In Mainz scheint der Bau einer großen Shopping-Mall auf der Kippe zu stehen. Nach langem Tauziehen um Grundstücke und den umstrittenen Ankauf von Gebäuden hält die »Bürgerinitiative Ludwigstraße« (BI) weitere Verhandlungen der Stadt mit dem Hamburger Projektentwickler ECE für »zwecklos«. Nach langen ergebnislosen Gesprächen könne kein Zweifel mehr bestehen, dass ECE nicht der geeignete Partner sei, um die bisher erarbeiteten Leitlinien umzusetzen, erklärte BI-Sprecher Hartwig Daniels. Der Konzern habe deutlich gemacht, dass er nicht bereit sei, den Willen der Bürgerschaft zu respektieren. Daniels wies außerdem darauf hin, dass es dem ECE - abgesehen vom Karstadtgebäude mit Parkhaus - nicht gelungen sei, weitere für das geplante Einkaufszentrum notwendige Grundstücke zu erwerben.

Auch das Bistum lehne die Veräußerung kirchlicher Gebäude ab. ECE wolle immer noch »die introvertierte Stadt in der Stadt«, die Shopping-Mall. Und das auch noch in einer Größe, die unweigerlich die zukünftige Entwicklung der City ersticken würde und »absehbar das Absterben von großen Teilen des eingesessenen Einzelhandels zur Folge hätte«.

Bei der BI ist man überzeugt, dass es keinen Grund zur Angst vor einem Ausstieg gibt. Die ECE-Karawane werde in kleinere Städte weiterziehen, wo die Versprechungen der Manager auf leichtgläubige Politiker träfen, die auch bereit seien, hinter dem Rücken ihrer Bürger die Profitinteressen der Shopping-Mall-Industrie zu bedienen. Trier sei aktuell ein trauriges Beispiel, wo sich Politiker gerade dank ECE »um Kopf und Kragen küngeln«, so die Mainzer Bürgerinitiative.

Schon früher hatte die Mainzer Bürgerinitiative mit inzwischen rund 600 Mitgliedern erklärt, die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt brauche keinen »überdimensionierten Konsumtempel«. Der Charme der liebenswerten und gut besuchten Altstadt müsse erhalten bleiben. Die BI wolle eine maßvolle Erweiterung der Verkaufsfläche und eine Stadtplanung für Mainz, nicht für den Profit auswärtiger Investoren.

Außerdem wird eine aktive Beteiligung der Mainzerinnen und Mainzer an der Entscheidungsfindung gefordert. Investitionen in den Einzelhandel dürften nicht allein unter dem Gesichtspunkt der Rendite-Maximierung betrachtet werden, vielmehr seien soziale, ökologische, ästhetische und kulturelle Aspekte als Grundlage der Planung zu berücksichtigen. Auch dürfe, so mahnt die Bürgerinitiative, die Verkehrsbelastung in der Innenstadt nicht noch weiter steigen. Schließlich sei darauf zu achten, dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse nicht durch Niedriglohnjobs bedroht würden.

Mit Blick auf die Auseinandersetzungen um den Projektentwickler ECE in anderen Städten erklärte die Mainzer Altstadt-SPD, Mainz könne stolz sein auf seine Bürgerbeteiligung. Die Landeshauptstadt habe hier eine Vorbildfunktion für ganz Deutschland. In Trier und Kaiserslautern habe ECE einen tiefen Keil zwischen Bürgerschaft und Politik getrieben. Dort werde inzwischen vom »Mainzer Modell« gesprochen. Mainz sei ein gutes Beispiel dafür, dass Politik nicht mehr in Hinterzimmern entschieden werden solle.

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