Polizisten kritisieren Polizisten nach Einsatz gegen Blockupy

Attac: Solidarische Bewegung kann durch staatliche Gewalt nicht unterdrückt werden / Offener Brief widerspricht Polizeidarstellung

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (nd). In der Frankfurter Polizei regt sich einem Zeitungsbericht zufolge starker Unmut über den Einsatz gegen die Blockupy-Demonstration am vergangenen Samstag. Wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtet, äußerten Beamte scharfe Kritik an Polizisten aus anderen Bundesländern. Dies hätten maßlos überzogen, „und wir dürfen das dann in den nächsten Wochen ausbaden“, wird ein namentlich nicht genannter Polizist zitiert.

An den Angriffen gegen die Demonstration seien danach kaum Polizisten aus Hessen beteiligt gewesen. Videos würden belegen, dass vor allem Beamte aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Sachsen an dem umstrittenen Vorgehen gegen die Demonstranten beteiligt gewesen seien, bei denen Hunderte eingekesselt und viele Menschen durch Schlagstock und Pfefferspray verletzt wurden. „Die kamen, haben zugeschlagen und sind wieder heimgefahren – und wir haben jetzt den Ärger“, zitiert das Blatt einen weiteren Frankfurter Polizisten.

Die Zeitung berichtet außerdem über den Offenen Brief eines Arztes an den Frankfurter Polizeipräsidenten Achim Thiel, der darin schildert, wie ihn ein Polizist vor einem offenbar bevorstehenden Einsatz gewarnt habe. Der Beamte habe erklärt, „es wäre besser, wenn wir uns mit den Kindern entfernen, hier würde gleich etwas passieren“. Schon am Samstag war den politisch Verantwortlichen des Polizeieinsatzes vorgeworfen worden, die Einkesselung der Demonstration von langer Hand geplant zu haben.

Unterdessen hat sich der Koordinierungskreises von Attac Deutschland zu den Blockupy-Protesten geäußert. „Dass die politisch Verantwortlichen in Frankfurt und in Hessen die inhaltliche Auseinandersetzung um diese Fragen um jeden Preis verhindern wollen, haben sie am vergangenen Wochenende gezeigt“, heißt es in einer Stellungnahme des globalisierungskritischen Netzwerkes. Bilder eines „bunten und breit getragenen Widerstands direkt vor den Bankentürmen“ sollten offenbar um jeden Preis vermieden werden. Doch nach Ansicht von Attac ist der Versuch, die beginnende öffentliche Debatte um die Folgen der europäischen Krisenpolitik und des Austeritätskurses „unter einem Polizeispektakel zu begraben“, in Frankfurt „kläglich gescheitert“. Eine zunehmend „internationale solidarische Bewegung von unten“ könne „durch staatliche Gewalt nicht unterdrückt werden“.

Derweil sehen sich „politisch und sozial aktive Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet“, die an den Demonstrationen des Blockupy-Bündnisses teilgenommen haben, angesichts der „Darstellung der Polizei und ihrer teilweise immer noch unkritischen Verbreitung“, zu einer gemeinsamen Stellungnahme veranlasst. man widerspreche „den Klischees, wonach die Polizei durch einige ,Chaoten‘ und ,Randalierer‘ gezwungen gewesen sei, Maßnahmen zur Herstellung von öffentlicher Ordnung, Gesetz und Sicherheit zu ergreifen“. Zu den Unterzeichnern gehören Wissenschaftler und Gewerkschafter.

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