So könnte das Stadtwerk aussehen

Linkspartei und Helle Panke diskutierten auf Konferenz die Energiewende in Berlin

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Allen Bekundungen des Senats zu einer Rekommunalisierung des Stromnetzes und -erzeugung zum Trotz, fehlt immer noch die breite Diskussion in der Bevölkerung über das Wie. Auch der Senat scheint eine bestenfalls sehr vage Vorstellung davon zu haben. Unter dem Titel »Neue Energie für Berlin« lud deshalb die Fraktion der LINKEN im Abgeordnetenhaus sowie der parteinahe Bildungsverein »Helle Panke« zum Gespräch, um der stadtpolitischen Debatte zum dringend benötigten Schwung zu verhelfen.

»Bereits in den 70er und 80er Jahren wurde darauf hingewiesen, dass vor allem Stadtwerke die treibende Kraft bei der Energiewende sein können«, sagt Jens Libbe vom Deutschen Institut für Urbanistik zur Relevanz von Rekommunalisierungsprozessen. Entscheidend sei das Know How. »Man kann nicht einfach eine Gesellschaft gründen und sagen, die übernimmt jetzt das Netz«, so Libbe. Allerdings koste die Erneuerung und Ertüchtigung der Netze für die neuen Anforderungen nach Berechnungen des Verbandes der kommunalen Unternehmen in den nächsten Jahren bundesweit rund 30 Milliarden Euro. Insgesamt seien die aktuell niedrigen Zinsen jedoch günstig für eine Rekommunalisierung.

»Wir könnten Strom für 100 000 Haushalte erzeugen«, sagt BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff. Momentan werde der beim Müllkraftwerk der Stadtreinigung anfallende Dampf jedoch an Vattenfall weitergegeben. »Den würden wir viel lieber an einen kommunalen Betrieb, auch gerne unter BSR-Beteiligung, abgeben. Das wäre Potenzial für ein Stadtwerk.« Die Verpflichtungen aus dem Kerngeschäft erlaubten es aber nicht, die Stromproduktion zu subventionieren. »Erneuerbare Energien, niedrige Preise, kein Kapital hineingeben, aber bitte schwarze Zahlen schreiben - das ist die Quadratur des Kreises. Das kann selbst die BSR nicht«, sagt Gäde-Butzlaff.

Ein wichtiges Potenzial für die kommunale Erzeugung erneuerbarer Energien stellen auch die Flächen der Berliner Stadtgüter dar. Fast 17 000 Hektar Grundbesitz haben sie im Umland. »Berlin ist mit dem Umland allerdings nur mit Hochspannungsleitungen verbunden«, sagt Hecktor. Damit sei eine direkte Lieferung an das Stadtwerk momentan nicht möglich, eine engere Vernetzung nötig.

Das größte Energiewendepotenzial in Berlin sieht Michael Geissler von der Berliner Energieagentur beim Gebäudebestand und -neubau. »Wir haben eine veritable Erfahrung im Betrieb gesammelt, Eigentümer dazu zu bringen, mit uns zu investieren. Größenmäßig würden wir das für ein Stadtwerk allein aber nicht schaffen«, sagt Geissler. Er wünscht sich eine »klare Ausrichtung für die marktwirtschaftliche Erschließung dezentraler Potenziale« beim Stadtwerk, definitiv gehöre auch die Wärmeerzeugung dazu. Die oft gelobten Münchner Stadtwerke sind dabei kein Vorbild für ihn, denn sie seien aufgrund eigener Kraftwerke die »größten Gegner der Dezentralität«.

Der ehemalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) gibt Geissler recht: »Wenn wir sagen die alte Energiewelt geht zu Ende, dann können wir auch nicht das klassische Stadtwerk machen.« Wichtig seien auch vernünftige Rahmenbedingungen auf Bundesebene, die in der nächsten Legislaturperiode zu schaffen seien. Letztlich sei man bei dem Gesetzentwurf zur Gebäudesanierung an der sozialen Dimension gescheitert. Dass absehbar genug Unterschriften für das Volksbegehren zusammenkommen, freut Wolf »riesig«. »Es wird allerhöchste Zeit, dass der Senat konzeptionell etwas vorlegt und eine öffentliche Diskussion über die Konzessionsvergabe stattfindet«, sagt Wolf.

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