Nazis haben Oberwasser

Rechte inszenieren auf den Deichen die »Volksgemeinschaft«

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Solidarität beim Einsatz gegen das Hochwasser ist enorm − doch auch Nazis schaufeln mit und nutzen den Einsatz für ihre Propaganda.

In anonymem Internetbeiträgen werden Vernichtungsdrohungen gegen Linke deutlich artikuliert: »Einfach mal ertränken« oder »das autonome Drecksvolk in die Gaskammer oder erhängt« gehörten zu den Kommentaren. Anlass für diese Hetze ist ein kurzes Schreiben einer »Germanophoben Flut-Brigade«, in der zur Zerstörung von Deichen aufgerufen wird, um »Deutschland in den Rücken zu fallen«. Auf das Schreiben, das kurzzeitig auf der linken Internetplattform indymedia stand, hatten am Wochenende sogar Politik und Medien reagiert und die Drohung ernst genommen. Während in linken Kreisen eher darüber diskutiert wurde, ob es sich um schlechte Satire oder einen Fake handelt.

Die linke Hochschul- und Jugendgruppe Magdeburg geht wegen der in linken Kreisen unüblichen Wortwahl von letzterem aus. Diese Lesart scheint sich zu bestätigen. Der Neonazi Sascha Krolzig nennt das Schreiben im Internet »den besten PR-Gag, den es in der letzten Zeit gegen die Antifa gegeben hat«. Und es habe sein Ziel erreicht. »Sowohl die Medien als auch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht schlagen Alarm«, vermerkt Krolzig selbstzufrieden.

Dazu haben die Rechten umso mehr Grund, weil sie sich als Teil einer nationalen Schicksalsgemeinschaft inszenieren können, die sich gegen die Flut stemmt. Im Fotoalbum der NPD-Fraktion-Sachsen ist der NPD-Bundesvorsitzende mit der Schaufel in der Hand beim Sandsackfüllen zu sehen. Untertitelt sind die Fotos mit dem Satz: »Fluthilfe für NPD-Fraktionsvorsitzenden Holger Apfel Ehrensache«.

Besonders erfreut registrieren die Rechten, dass sie für den Hochwasserschutz auch von offizieller Seite Anerkennung finden. So postete der Bundesvorsitzende der NPD-Jugendorganisation JN, Andy Knape, in der letzten Woche ein Foto, das ihn mit NPD-Shirt beim Handschlag mit dem Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) zeigt. »Magdeburger Oberbürgermeister gibt JN-Chef die Hand«, lautet der Kommentar unter dem Foto von rechten Netzwerken. »Nicht nur, dass Lutz Trümpers Krisenmanagement katastrophal ist, jetzt fällt er auch noch dadurch auf, dass er bundesweiten Nazigrößen munter die Hand schüttelt, um sich für den Hochwassereinsatz zu bedanken,« kritisiert der Pressesprecher der Magdeburger Linksjugend Robert Fietzke den Handschlag mit den Rechten.

Neonazis nutzen diese Anerkennung für ihre Propaganda. Unter der Überschrift »(R)echte Kerle packen an« lassen sich Neonazis beim Packen von Sandsäcken ablichten. »Wenn wir Deutschen zusammenhalten, schlagen wir selbst den Teufel aus der Hölle«, heißt es unter dem Foto eines NPD-Funktionärs mit Schaufel. »In Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind die Hilfsmaßnahmen voll im Gang. Auf dem Weg in die betroffenen Regionen befinden sich außerdem Kameraden aus dem Norden und Westen der Republik«, kommentiert JN-Chef Knape.

Antifaschisten kritisieren dabei auch den offiziellen Diskurs, »Wenn der Kampf gegen die Flut zur nationalen Sache aufgeblasen wird, sind die Kräfte nicht weit, die schon immer die deutsche Volksgemeinschaft propagieren,« kritisiert ein Berliner Antifaaktivist, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, das Oberwasser für Rechte.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -