Flutschäden pflichtversichern

Die LINKE will, dass Policen für Immobilien an der Elbe wieder bezahlbar sind

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Brandenburg kommt womöglich glimpflich davon. Der Pegel der Elbe in Wittenberge steigt doch nicht über acht Meter. Aber die Hochwassergefahr ist noch nicht gebannt, da der Flutscheitel 40 Kilometer lang ist und tagelang vorüberziehen wird. Die LINKE bringt eine Pflichtversicherung ins Gespräch, um die Behebung von Elementarschäden zu bezahlen.

Mit Kanzlerin Angela Merkel werden die Ministerpräsidenten morgen über den Wiederaufbau nach dem Hochwasser beraten. »Wir haben die feste Zusage, dass die Kosten je zur Hälfte von Bund und Ländern getragen werden«, erklärte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gestern. »Doch wir warten nicht ab.« Unter Leitung von Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) sollte am Dienstagnachmittag über Fluthilfen beraten werden. »Unser Ziel ist, dass niemand aufgrund des Hochwassers persönlich oder unternehmerisch in seiner Existenz bedroht sein darf«, sagte Platzeck.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dieter Dombrowski zeigte sich erleichtert darüber, dass der entstandene Schaden bisher offensichtlich geringer ausfällt als befürchtet wurde. Schnelle und unbürokratische Hilfe sei jetzt trotzdem das Wichtigste.

Linksfraktionschef Christian Görke meinte, es könne nicht sein, dass der Steuerzahler und der Staat die Milliardenlasten immer und immer wieder tragen. Er wies darauf hin, dass die Spendenbereitschaft nachgelassen habe. »Die nächste Flut aber kommt bestimmt.« Einen Ausweg sieht Görke in einer Pflichtversicherung für alle. Es gehe nicht um lauschige Wassergrundstücke, die auf Kosten der Versicherung immer wieder saniert werden sollen, beteuerte Görke. Natürlich müssten die Beiträge auch abhängig von der Gefahr berechnet werden. Wer hinter einem acht Meter hohen Deich wohne, der habe keine schöne Sicht aufs Wasser. Derzeit sei es jedoch so, dass die Policen in Elbnähe viel zu hoch seien, sofern überhaupt eine Versicherung hier einen Vertrag abschließe. Nur ein Drittel der vom aktuellen Hochwasser Geschädigten sei versichert.

Die Versicherungsbeiträge sind für Elbanrainer deshalb so hoch, weil das Risiko des Schadenfalls bei ihnen so groß ist. In der Tat sei auch über Rückbau nachzudenken, fügte Görke hinzu. Doch sei das »sehr schwierig«, weil Bau- und Genehmigungsrecht im Spiel seien. Enteignungen seien im Gespräch, doch sei das »ein starker Begriff, den ich nicht in den Mittelpunkt rücken möchte«. Dem Linksfraktionschef wurde gestern vorgehalten, seine Versicherungsidee würde dazu führen, dass Menschen für verantwortungslos nah am Fluss gebaute Siedlungen zur Kasse gebeten werden, während sie selbst nie und nimmer zu Flutopfern werden können. Er forderte daraufhin, die Versicherungen »mit ins Boot« zu holen. Im Zusammenhang mit der Finanzkrise seien Versicherungen kostspielig gerettet worden. Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden »müssen diese Unternehmen leisten«. Es gehe dabei um eine »Sockelfinanzierung«. Mit einer überbordenden Belastung rechne er nicht, sagte Görke. »Bisher ist kein Markt da.« Die Versicherung gegen Elementarschäden sei gegenwärtig freiwillig. Eins ist jedoch gewiss: Bei einer Pflichtversicherung würden Hausbesitzer die Kosten dafür auf die Miete umlegen.

Heute schalten die Verbraucherzentralen ein Hochwassertelefon. Opfer der Überschwemmungen können sich unter der gebührenfreien Nummer (0800) 100 37 11 beraten lassen.

Der Deichbau sei weiter voranzubringen, forderte Görke. Ein Beschleunigungsgesetz könne hilfreich sein. »Wir haben nach 2002 die richtigen Schlussfolgerungen gezogen«, meinte der Linksfraktionschef. Für 400 Millionen Euro von Bund, Land und EU seien die märkischen Deiche saniert worden. Fachleute sagen allerdings, dass es weniger auf höhere Deiche ankomme, sondern auf größere Überflutungsflächen.

Görke dankte den Helfern, die dafür sorgten, dass es in Brandenburg bislang nur vergleichsweise geringe Flutschäden gab. Er lobte Brandenburger, die bereit waren, evakuierte Menschen bei sich aufzunehmen. Turnhallen im Havelland seien zu Notunterkünften umfunktioniert worden, berichtete der Politiker aus seinem Wahlkreis.

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