Gericht berät über Flugrouten
Aufsichtsrat diskutierte Jahresabschlussbericht / Urteilsspruch zu Route über den Müggelsee lässt auf sich warten
(dpa/nd). Am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg haben sich Anwohner und Bundesbehörde eine zweitägige Debatte um die umstrittene Flugroute über den Müggelsee geliefert. Beide Seiten beharrten auch am Mittwoch auf ihren Standpunkten. Die Anwohner halten die Route für rechtswidrig, weil das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung die Umweltverträglichkeit nicht prüfte. Die Behörde sieht sich dazu nicht verpflichtet. Der Vorsitzende Richter Roger Fieting ließ nicht erkennen, in welche Richtung der Senat mit seiner Entscheidung tendieren könnte. Kippt die Route, sind neue Kapazitätsgrenzen für den neuen Hauptstadtflughafen möglich.
Wann der neue Flughafen in Betrieb gehen kann, ist jedoch weiter offen. Am Mittwochabend wollte der Aufsichtsrat in Schönefeld tagen. Der Vorsitzende, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), sagte vorab der dpa: »Wir wollen heute einen weiteren Schritt dahin gehen, dass wir im September oder Oktober einen abgestimmten Ablaufplan vorlegen können.«
Thema im Aufsichtsrat dürften auch der Jahresabschluss des staatlichen Flughafenbetreibers für 2012 sein sowie der Streit zwischen Geschäftsführer Hartmut Mehdorn und Technikchef Horst Amann über die künftige Strategie. Platzeck sagte dazu lediglich, im Mittelpunkt der Sitzung stünden Sachthemen, nicht Personaldiskussionen. Die Beratungen zum Jahresabschluss im Aufsichtsrat begannen am gestrigen späten Nachmittag. Bis Redaktionsschluss lagen hierzu noch keine Informationen vor. Am heutigen Donnerstag soll der Jahresbericht vorgestellt werden.
Strittig war unterdessen im Oberverwaltungsgericht die Frage, ob bestimmte Regionen für Überflüge tabu sein müssen, wenn dort die Umweltverträglichkeit des Luftverkehrs im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft wurde. Für den Beschluss aus dem Jahr 2004 hatten die Behörden nur entlang einer unverbindlichen Grobplanung mit Geradeausstarts geprüft. Die Müggelseeroute ist dadurch nicht abgedeckt, die Deutsche Flugsicherung hat sie erst vor zwei Jahren vorgeschlagen. Bei Ostwind sollen rund 122 Maschinen pro Tag über dem Müggelsee abheben, wenn der Flughafen in Betrieb ist.
Anwohner und Umweltverbände schöpften am Mittwoch Hoffnung aus einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Verkehrsausschuss des Bundestags. Darin heißt es, wenn andere umweltrelevante Abschnitte von Flugverfahren festgelegt werden als im Planfeststellungsverfahren, bedürfe es einer ergänzenden Planfeststellung. Damit würde die rechtliche Grundlage für den Hauptstadtflughafen noch einmal aufgeschnürt.
Die EU-Kommission hatte Ende Mai ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Rechtslage zur Flugroutenfestlegung eingeleitet. Das Ministerium betont in seinem Bericht jedoch, es sei gewährleistet, dass Umweltbelange nicht außer Acht bleiben. Der Verkehrsausschuss-Vorsitzende Anton Hofreiter (Grüne) kritisierte, die Planung von Flughäfen und Flugrouten sei unstrukturiert, undurchsichtig und bürger- und umweltunfreundlich. »Höchste Zeit, das Planungsrecht vom Kopf auf die Füße zu korrigieren.«
Ein Urteilsspruch lag bis Redaktionsschluss nicht vor.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.