Das war die Urangst

Erich Loest in einem seiner letzten Interviews über den 17. Juni 1953 in der DDR und seinen Golgathaweg der Erkenntnis

Der in Mittweida 1926 geborene Schriftsteller Erich Loest verfasste nach seiner Haftentlassung u. a. populäre Krimis sowie den Generationsroman »Es geht seinen Gang«. 1981 kehrte er von einem Aufenthalt in der Bundesrepublik nicht mehr in die DDR zurück. Seit 1990 lebt er wieder in Leipzig; der Heldenstadt von ›89 widmete er sein Buch »Nikolaikirche«, das erfolgreich verfilmt wurde. Sein Leben reflektierte er in »Durch die Erde ein Riss«, »Die Stasi war mein Eckermann« und »Prozesskosten«. Loest ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und des PEN-Zentrums Deutschland. Mit dem Zeitzeugen sprach Karlen Vesper.

nd: Sie waren am 17. Juni 1953 in Berlin. Siebenundzwanzig Lenze jung. Und Vorsitzender des Leipziger Schriftstellerverbandes. Ein halbes Jahrhundert später widmeten Sie jenen dramatischen Junitagen einen Roman: »Sommergewitter«. Was war Ihr authentischer Eindruck als Augen- und Ohrenzeuge der Proteste in Berlin?
Loest: Das war für mich alles sehr verwirrend und schrecklich. Ich wollte ein guter Genosse sein. Und nun erlebte ich, dass Arbeiter sich gegen die Partei erhoben. Das hat mir einen Schock versetzt. Jene beschämende Niederlage der SED, zu der ich meinte gehören zu müssen, war die zweite große Umwälzung in meinem Leben. Die erste war das Kriegsende 1945.

Der Schock einte Sie mit vielen Intellektuellen, Künstlern und Schriftstellern.
Die Intellektuellen waren zum großen Teil wie ich überzeugte Genossen. Darunter viele Emigranten. Es waren gerade mal acht Jahre vergangenen seit dem furchtbaren faschistischen Krieg. S...


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