Ist Inge Hannemann eine Gefahr für ihre Kollegen?
Die Bundesagentur attackiert in einer Erklärung das Auftreten der »Hartz-Rebellin« - und erntet dafür Kritik
Berlin/Nürnberg (nd-Lambeck). Der Streit zwischen der rebellischen Jobcenter-Mitarbeiterin In- ge Hannemann und ihrem Arbeitgeber geht in eine neue Runde. Hannemann, die immer wieder öffentlich das Hartz-IV-System scharf kritisiert hatte, wurde bereits von der Arbeit im Jobcenter Hamburg-Altona freigestellt. Sie hat Hausverbot, bekommt ihren Lohn aber weiterhin ausgezahlt. Derzeit streiten beide Parteien vor dem Arbeitsgericht Hamburg.
Stein des Anstoßes ist ein Brandbrief, den Hannemann an die Führungsetage der Bundesagentur für Arbeit (BA) geschickt hatte. Darin kritisierte sie die »Absurditäten« des Systems Hartz IV. So würden Gelder zum Fenster hinaus geworfen für Eingliederungszuschüsse an Niedriglohnfirmen für Zeitverträge.
Das war der Kritik dann doch zu viel. Die BA schlägt nun zurück: Die Grundsicherung »Hartz IV« widerspreche keinesfalls dem Grundgesetz, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde vom Freitag. Vielmehr gefährde die renitente Ex-Mitarbeiterin das Leben ihrer Kollegen, weil diese sich »zunehmend Aggressionen von Seiten der Kunden ausgesetzt sehen«. Zudem sei Frau Hannemann keine Whistleblowerin, die Missstände aufdeckt, »denn die behaupteten Missstände gibt es nicht«. So die bestechende Logik der Behörde. Außerdem müsse sich auch Frau Hannemann an Recht und Gesetz halten. »Es kann nicht sein, dass eine Mitarbeiterin nach Gutdünken handelt und persönliche, politische Vorlieben auslebt«. Hannemann habe sich den falschen Beruf ausgesucht. Sie sollte ihre Kollegen nicht »darunter leiden lassen«, so die BA.
Eine Reaktion Hannemanns lag zu Redaktionsschluss noch nicht vor. Aber offenbar ging der Vorstoß der BA nach hinten los, wie ein Blick ins Online-Portal Facebook beweist. Unter der dort veröffentlichten BA-Presseerklärung fanden sich am Nachmittag bereits 168 Kommentare. Die Reaktionen reichten von »Wie lächerlich kann sich eine Behörde noch machen?« bis hin zu »Ganz ehrlich liebe Agentur für Arbeit!!!! Ihr seid der größte Witz! Ihr bekommt nichts auf die Reihe und braucht Zeitarbeitsfirmen, die euren Job machen«.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.