Ein bisschen Mitleid im Fall Mollath

Bayerns Justizministerin verteidigt ihr Vorgehen

  • Lesedauer: 2 Min.
Nach Gustl Mollaths Auftritt am Dienstag musste nun die bayerische Justizministerin dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Beate Merk (CSU) verteidigte sich - und erklärte erstmals, dass der Fall sie nicht kalt lasse.

München (dpa/nd). Im Fall des seit Jahren zwangsweise in der Psychiatrie untergebrachten Gustl Mollath hat sich Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) gegen anhaltende massive Kritik verteidigt. Von Untätigkeit oder Versäumnissen ihrerseits oder ihres Ministeriums könne keine Rede sein, sagte Merk am Freitag im Mollath-Untersuchungsausschuss des Landtags. Vielmehr habe sie sofort und sehr schnell gehandelt, als dies rechtlich möglich gewesen sei. Als es im November 2012 »massive Zweifel an tragenden Feststellungen« im Gerichtsurteil gegen Gustl Mollath gegeben habe, habe sie innerhalb einer halben Stunde einen Wiederaufnahmeantrag angeordnet, betonte die Justizministerin. Vorher sei dies nicht möglich gewesen - weil die Wiederaufnahme eines Verfahrens eben nur unter ganz engen rechtlichen Voraussetzungen möglich sei.

Merk sagte in der Sitzung erstmals, dass sie Mollaths Schicksal nicht kalt lasse: »In meinen Einlassungen und Argumentationen zu diesem Fall wurde nicht erkennbar, dass mich menschlich und persönlich das Schicksal eines Menschen, der seit nun bald sieben Jahren in der Psychiatrie untergebracht ist, bewegt.« Das sei wohl ihrem Amt als Justizministerin geschuldet. Merk betonte deshalb: »Wichtig ist mir, dass aufgeklärt wird, ob Herrn Mollath zu Recht oder zu Unrecht die Freiheit entzogen wurde.« Das damalige Urteil sei schnell als Fehlurteil bezeichnet worden, sagte sie und fügte hinzu: »Sie können mir glauben, sowas lässt mir keine Ruhe.«

Mollath war 2006 wegen Gemeingefährlichkeit gegen seinen Willen in die Psychiatrie eingewiesen worden - weil er, so das damalige Urteil, seine Frau schwer misshandelt und die Reifen Dutzender Autos zerstochen habe. Mollath selbst und seine Unterstützer glauben, er sei Opfer eines Komplotts geworden, weil er Schwarzgeldgeschäfte in Millionenhöhe aufgedeckt habe.

Vorwürfe, im Landtag die Unwahrheit gesagt zu haben, wies sie zurück. Sie habe das Parlament nicht belogen oder ihm etwas verheimlicht, sondern es über alle relevanten Fakten informiert.

Die Opposition dagegen erneuerte ihre massive Kritik. Merk habe den Landtag über Jahre hinweg nur mit Teilen der Wahrheit bedient, sagte Grünen-Fraktionschef Martin Runge. Und auch vor dem Untersuchungsausschuss habe sie lediglich »vernebelt und abgelenkt«. Merk sei als Justizministerin nicht mehr länger tragbar, sagte er. Vize-Ausschusschef Florian Streibl (Freie Wähler) kritisierte, die Justizbehörden versuchten weiter, die Fehler im Fall Mollath, die im Laufe der Jahre passiert seien, zu verdecken. Inge Aures (SPD) sagte: »Ministerin Merk redet sich nach wie vor alles schön.«

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -